Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 430

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Werden begriffen und muß als der leitende Zweck der nächsten agitatorischen wie auch organisatorischen Arbeit betrachtet werden.

Um so überraschender wirkt die umgekehrte Zuversicht Lenins, der zufolge alle Vorbedingungen zur Durchführung einer großen und äußerst zentralisierten Arbeiterpartei in Rußland bereits vorhanden sind.[1] Und es verrät wiederum eine viel zu mechanische Auffassung von der sozialdemokratischen Organisation, wenn er optimistisch ausruft, daß jetzt schon „nicht dem Proletariat, sondern manchen Akademikern in der russischen Sozialdemokratie die Selbsterziehung im Sinne der Organisation und der Disziplin not tue“ (S. 145)[2], wenn er die erzieherische Bedeutung der Fabrik für das Proletariat rühmt, die es von Hause aus für „Disziplin und Organisation“ reif mache (S. 147)[3]. Die „Disziplin“, die Lenin meint, wird dem Proletariat keineswegs bloß durch die Fabrik, sondern auch durch die Kaserne, auch durch den modernen Bürokratismus, kurz, durch den Gesamtmechanismus des zentralisierten bürgerlichen Staates eingeprägt. Doch ist es nichts als eine mißbräuchliche Anwendung des Schlagwortes, wenn man gleichmäßig als „Disziplin“ zwei so entgegengesetzte Begriffe bezeichnet, wie die Willen- und Gedankenlosigkeit einer vielbeinigen und vielarmigen Fleischmasse, die nach dem Taktstock mechanische Bewegungen ausführt, und die freiwillige Koordinierung von bewußten politischen Handlungen einer gesellschaftlichen Schicht; wie den Kadavergehorsam einer beherrschten Klasse und die organisierte Rebellion einer um die Befreiung ringenden Klasse. Nicht durch die Anknüpfung an die ihm

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[1] „Gen. Rosa Luxemburg unterschiebt mir geradezu den Gedanken, daß alle Vorbedingungen zur Organisierung einer großen und äußerst zentralisierten Arbeiterpartei in Rußland bereits vorhanden seien. Wieder eine faktische Unwahrheit. Nirgends habe ich in meinem Buch diesen Gedanken ausgesprochen, geschweige denn vertreten. Die von mir aufgestellte These besagte und besagt etwas anderes. Und zwar habe ich darauf bestanden, daß alle Vorbedingungen bereits vorhanden sind, um die Beschlüsse des Parteitags anzuerkennen, und daß die Zeit schon vorbei ist, da man ein Parteikollegium durch einen Privatzirkel ersetzen konnte. Ich führte Beweise dafür an, daß gewisse Akademiker in unserer Partei ihre Inkonsequenz und Unbeständigkeit offenbarten und daß sie keinerlei Recht hatten, ihre Disziplinlosigkeit den russischen Proletariern in die Schuhe zu schieben. Die russischen Arbeiter haben sich schon oft bei verschiedenen Gelegenheiten für die Befolgung der Parteitagsbeschlüsse ausgesprochen.“ (Ebenda, S. 482.)

[2] „Nicht dem Proletariat, sondern manchen Intellektuellen in unserer Partei mangelt es an Selbsterziehung im Geiste der Organisation und der Disziplin, im Geiste der Feindschaft und der Verachtung für die anarchistische Phrase.“ (W. I. Lenin: Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück. In: Werke, Bd. 7, S. 393.)

[3] Siehe ebenda, S. 395. – „Gen. Luxemburg meint, ich verherrliche die erzieherische Wirkung der Fabrik. Das ist nicht wahr. Nicht ich, sondern mein Gegner behauptete, daß ich mir die Partei als eine Fabrik vorstelle. Ich lachte ihn tüchtig aus und wies ihm mit seinen eigenen Worten nach, daß er zwei verschiedene Seiten der Fabrikdisziplin verwechselt, was leider auch bei der Genossin Rosa Luxemburg der Fall ist.“ (W. I. Lenin: Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück. Eine Antwort N. Lenins an Rosa Luxemburg. In: Werke, Bd. 7, S. 482 f.)