suchte und der Versammlung förmlich die Pistole auf die Brust setzte, um sich ein Vertrauensvotum zu sichern. Es war ihm bekannt, daß am nächsten Tage notgedrungene Veröffentlichungen im „Vorwärts“ seinerseits erfolgen würden, die ihn als den Hauptregisseur des Hardenschen Überfalls auf den Gen. Mehring in Dresden[1] schwer zu kompromittieren geeignet waren, und da war es seine Pflicht und Schuldigkeit der Versammlung gegenüber, mit dem Vertrauensvotum abzuwarten. Wäre den Mitgliedern der Versammlung die ganze Tragweite der Veröffentlichungen im „Vorwärts“ bekannt, so ist es nicht ausgeschlossen, daß sie dann den wiederholten Anträgen auf Vertagung stattgegeben hätte. Ein unter solchen Umständen und unter Androhung der Mandatsniederlegung von der winzigen Versammlung in einem der kleinsten Lokale des Kreises erzwungenes Vertrauensvotum ist in den Augen jedes loyal denkenden Menschen – für die Katze.
Berlin-Friedenau, 1. Oktober 1903 Rosa Luxemburg
Vorwärts (Berlin),
Nr. 231 vom 3. Oktober 1903.
[1] Franz Mehring hatte vor dem Parteitag der Sozialdemokratischen Partei in Dresden in einigen Artikeln die Mitarbeit von Sozialdemokraten an der bürgerlichen Presse als unvereinbar mit ihrer Parteizugehörigkeit bezeichnet. Daraufhin begannen die Revisionisten eine Hetzkampagne gegen ihn. Aus dem Artikel Wolfgang Heines „Herr Maximilian Harden und ich“ im „Vorwärts“ vom 30. September 1903 ging hervor, daß Heine maßgeblich an der Vorbereitung des Angriffs auf Mehring beteiligt war.