Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 333

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senagitation und -organisation stellt den Leitgedanken der gesamten Begründung des Programms dar und weist darauf hin, daß die Partei eine lange Periode der Vorbereitungsarbeit auf dem Boden der Tagesinteressen des Proletariats in Betracht gezogen hatte.

Darauf weisen auch bestimmte Abschnitte des Programms hin, in denen das „Proletariat“ die politischen Freiheiten als Bedingungen beurteilt, die die Organisation und den Massenkampf erst ermöglichen, was stellenweise an die exakten Formulierungen Waryńskis im „Przedświt“ erinnert. „Wir verurteilen entschieden“, sagt das Programm, „das Fehlen der Freiheit des Gewissens, der Sprache, der Versammlungen, der Vereinigungen, des Wortes und der Presse – denn das alles stellt der Entwicklung des Bewußtseins der Arbeiter große Hindernisse entgegen, indem es einerseits religiös-nationalistischen Haß und Fanatismus weckt und andererseits die Massenpropaganda und -organisation unmöglich macht, die allein das Fundament einer künftigen Organisation der sozialistischen Gesellschaftsordnung errichten kann.“ Und etwas weiter: „Wieder werden wir entweder defensiv oder offensiv gegen die Unterdrückung kämpfen, indem wir im ersten Falle keine Veränderungen zum Schlechteren zulassen, im zweiten dagegen, indem wir eine Verbesserung der gegenwärtigen Existenzbedingungen des Proletariats im russischen Staate fordern.“

Sofern wir trotzdem im Programm keine deutliche und kategorische Formulierung des Kampfes gegen den Zarismus, um demokratische Freiheiten als unmittelbare Aufgabe finden, statt dessen in ihm eine gewisse Unentschlossenheit und ein Schwanken im politischen Denken überwiegt, so zeigten jedenfalls weder das Programm noch seine Begründung positive Ansichten des Blanquismus. Die einzige Tatsache, die sich auf Grund dieses Dokuments feststellen läßt, ist, daß der Standpunkt der polnischen Sozialisten zweifellos bereits in großem Maße die kristallene Klarheit verloren hat, durch die er sich in den von uns analysierten Dokumenten der Genfer Gruppe auszeichnete. Es wird auch richtig sein, den Umstand zu berücksichtigen, daß das Programm vom Jahre 1882 ja bereits ein Werk der einheimischen Warschauer Gruppe war und daß Waryński, nachdem er seine Tätigkeit in das russische Teilungsgebiet verlegt hatte, auf die ortsansässigen Genossen wahrscheinlich weit mehr Rücksicht nehmen mußte, die stärker unter dem direkten russischen Einfluß standen als die polnische Emigration in der Schweiz. Wenn sich jedoch der Charakter des offiziellen Programms der Partei „Proletariat“ durch Unklarheit auszeichnet, so lassen dafür die weiteren Erscheinungen ihrer Tätigkeit keinen Zweifel mehr an dem zunehmenden Einfluß des Blanquismus auf die

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