Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 264

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-1-2/seite/264

der ausschließungslustigen Herren Döblin und Rexhäuser fand ihre – allerdings abgeschwächte – Wiederholung in einer geplanten Boykottierung des Leipziger Gewerkschaftskartells.

Allein das Leipziger Gewerkschaftskartell blieb fest. Die Macht der Fraktion Döblin-Rexhäuser fand ihre Grenze an dein Leipziger Kartell; die Verbandsbuchdrucker blieben draußen, trotzdem sie die oberste Behörde der deutschen Gewerkschaftsbewegung bemüht hatten. Auch die Versuche der Generalkommission, auf die Leipziger Gewerkschaften auf dem Umweg über die Verbände zu wirken, schlugen fehl; die Leipziger Gewerkschaften hatten von ihren Verbandsleitungen keine Instruktion über ihre örtlichen Organisationsangelegenheiten anzunehmen. Die Herren Döblin-Rexhäuser sahen sich am Ende ihres Lateins; sie fanden, daß hier eine Lücke in der Gesetzgebung der Gewerkschaftsorganisation sei, und diese Lücke auszufüllen soll der Zweck des diesjährigen Gewerkschaftskongresses sein.

Es handelt sich also um eine Art Ausnahmegesetz, das gegen das Leipziger Gewerkschaftskartell gemacht werden soll, um eine – Lex Leipzig. Der gewalttätige Eigensinn der Fraktion Döblin-Rexhäuser, der bei dem Leipziger Gewerkschaftskartell nicht durchgekommen ist und auch die Generalkommission umsonst in Anspruch genommen hat, verlangt vom Gewerkschaftskongreß eine Spezialwaffe gegen das widerspenstige Leipziger Kartell. Der Gewaltstreich der Herren Döblin und Rexhäuser, die Tarifgemeinschaftsgegner aus dem Verband auszuschließen, soll in dieser Lex Leipzig seine letzte Rechtfertigung und Vollendung erhalten.

Wir sind überzeugt, daß sich der Gewerkschaftskongreß diesen gehässigen Bestrebungen versagen wird. Wenn die Herren Döblin-Rexhäuser Meinungspolizei spielen wollen, mögen sie es in ihrem Verband tun. Die Generalkommission und der Gewerkschaftskongreß sind nicht dazu da, den Maßregelungsgelüsten einer beschränkten Verbandsleitung den Arm zu leihen. Das Leipziger Gewerkschaftskartell ist eine örtliche Organisation und hat weder von einer höheren Gewerkschaftsbehörde noch auch vom Gewerkschaftskongreß darüber Instruktionen anzunehmen, welche Organisation es als kartellfähig anerkennen will und welche nicht – vorausgesetzt, daß diese Organisation auf dem Boden der modernen Arbeiterbewegung steht. Das ist bei der Buchdruckergewerkschaft ohne Frage der Fall. Ob es bei der Fraktion Döblin-Rexhäuser zutrifft, das steht auf einem anderen Blatte.

Leipziger Volkszeitung,

Nr. 133 vom 13. Juni 1902.

Nächste Seite »