Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 194

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hebung der Leibeigenschaft ist seinerzeit wesentlich ein Akt des Despotismus gewesen. Allein der „König der Belgier“, dessen Befugnisse rein verfassungsrechtlich äußerst bescheiden sind und dessen politische Macht noch viel winziger sein dürfte, ist kein Held für politische Aktionen, die auch unter demokratischen Formen immer den spezifisch cäsaristischen Geruch nicht loswerden können. Der einzige, gewiß ungewollte Erfolg derartiger Purzelbäume kann nur der sein, König „Cléopold“ für eine kleine Weile „populär“ zu machen.

Der Appell unserer belgischen Parteigenossen an die Krone in dem Kampfe um die Verfassungsrevision steht auf derselben Höhe wie ihre Preisgebung des Frauenstimmrechts.

Die letzte Nachricht vom belgischen Verfassungskampf-Kriegsschauplatz lautet:

Brüssel, 8. April. Heute abend kam es nach Schluß einer Versammlung, in der der sozialistische Abgeordnete Vandervelde eine Rede gehalten hatte, zwischen einer Masse von 1 500 Sozialisten und der Polizei zu einem Zusammenstoß. Zwei Polizisten und ein Sozialist wurden verwundet. Ein Haufe der Manifestanten zog nach dem Palais des Prinzen Albert. Die Polizei sperrte die Straßen ab und schritt mit blanker Waffe ein; drei Manifestanten wurden verwundet.

Leipziger Volkszeitung,
Nr. 80 vom 9. April 1902.

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