Richtung in der Praxis glücklich auf den alten Boden der radikalen Partei zurückgekehrt seien. Die Auffassung, für die die Sozialisten „nicht revolutionär“ genug sind, erweist sich somit mit einem Male als gerade gut genug für – kleinbürgerliche Radikale. Daß Jaurès diesen kompromittierlichen Gruß Unter den Linden etwas errötend abzuwinken sucht, ist selbstverständlich, andererseits aber empfindet er deutlich die natürliche Gravitation seiner Richtung zum Verschmelzen mit der Partei des radikalen Kleinbürgertums. Und er findet sofort den Ausweg aus der schwierigen Lage: Die Verschmelzung mit den Radikalen muß akzeptiert werden, nur soll sie nicht als eine Rückentwicklung der Sozialisten zum Radikalismus, sondern als ein Fortschritt der Radikalen zum Sozialismus aufgefaßt werden.
„Braucht man sich denn aufzuregen, wenn tatsächlich der Radikalismus, gezwungen, sich nach der sozialistischen Richtung zu entwickeln, sich entschließt, das Programm von St-Mandé (die Millerandsche, von der Richtung Jaurès akzeptierte Formel des Sozialismus) anzunehmen? Ich denke, daß wir keinen Anspruch erheben, unsere Partei zu immobilisieren, ihr den Zufluß neuer Kräfte abzusperren und das Programm zu monopolisieren ... Und wenn wir kraft unserer Aktion und Propaganda wie der wachsenden Macht der proletarischen Organisation nicht mehr einige isolierte Individuen, sondern eine ganze Fraktion der bürgerlichen Demokratie dazu zwingen würden, anzuerkennen, daß das Kollektiveigentum die nächste Etappe in der geschichtlichen Entwicklung ist und daß man ihren Anbruch beschleunigen muß, dann wäre das einer der größten Erfolge, den eine Klassenpartei erringen kann. So und nicht anders bereiten sich vor und vollziehen sich die großen Revolutionen, durch Penetration und Diffusion. Um den ersten glühenden Kern bildet sich eine Art Hof, dessen Zirkel, etwas unbestimmt und erblassend, zum Schlusse die ganze Gesellschaft umfassen.“ (Petite République vom 4. Juni.)
Was in dieser kosmogenisch-poetischen Theorie der geschichtlichen Revolutionen allein den „glühenden Kern“ bildet, ist offenbar die Anerkennung, daß die Partei Jaurèsʼ mit der kleinbürgerlichen Demokratie sich eventuell zu vereinigen nicht abgeneigt ist. Und wenn sie sich dabei auch einbilden sollte, dies sei nicht ihr eigener Abrutsch in den bürgerlichen Sumpf, sondern der Aufstieg der Bourgeoisie auf die sozialistische Höhe, so dürfte diese Halluzination die linksstehenden sozialistischen Elemente in der jungen Partei nicht lange gefangenhalten. Wer unter ihnen noch nicht jeden politischen Selbsterhaltungstrieb verloren hat, wird vor der wilden Ehe mit dem Radikalismus zurückschaudern. Und es bedarf nur