Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 3, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2003, S. 93

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havelland von 11 000 fortschrittlichen Stimmen ganze 1200 der Sozialdemokratie und 6200 dem Reichsparteiler zu! Auch an diesem Wahltag wären unsere Siege unmöglich gewesen ohne das starke Übergewicht unserer Wähler schon im ersten Wahlgang. Die liberalen Stimmen, die wir an den letzten beiden Stichwahltagen erhielten, wogen in den allerwenigsten Wahlkreisen die liberalen Stimmen auf, die gegen uns die Reaktion stärkten.

Das so verschiedene Resultat der beiden letzten Stichwahltage im Vergleich zum ersten wurzelt also nicht etwa darin, daß die liberalen Mannschaften nach einigem Straucheln auf dem rauhen Wege der Tugend fest entschlossen vorwärtsmarschiert wären. Es erklärt sich aus dem viel einfacheren Umstand, daß die weise Strategie der Regierung just alle die Wahlkreise zuerst ins Feuer schickte, in denen sich die Sozialdemokratie in der schwächeren Position befand, während sie bei den Stichwahlen der beiden letzten Tage von vornherein als die stärkere Partei an der Spitze stand. Die Legende von der großen rettenden liberalen Wahlhilfe für die Sozialdemokratie kann somit nur von Fortschrittlern kolportiert werden, die allen Grund haben, sich und der Welt blauen Dunst vorzumachen. Nicht dank der liberalen Hilfe, sondern trotz des Verrats der liberalen Wählermassen sind uns so zahlreiche Mandate zugefallen. Aus eigener Kraft siegten wir, wo uns Fortschrittler wie Nationalliberale entgegenstanden, und aus eigener Kraft letzten Endes siegten wir im allgemeinen, wo uns die Reaktion gegenübertrat. Die 41/4 Millionen eigene Wähler, die sozialdemokratischen Massen in ihrem ersten machtvollen Anlauf trugen unsere Fahnen bis in die letzten Stichwahlen siegreich über reaktionären Widerstand und liberalen Verrat hinweg.

Diese Tatsachen zu verschleiern mag im wohlverstandenen Interesse der liberalen Politiker liegen. Die Sozialdemokratie dagegen würde sich des größten Fehlers für den politischen Kämpfer schuldig machen – der Unterschätzung der eigenen Macht –, würde sie diese liberale Legendenbildung unterstützen. Aus eigener Macht, selbständiger als je, aus der historischen Urkraft des proletarischen Klassenkampfes schöpfend, von ihrem Gegensatz zu allen bürgerlichen Parteien getragen, hat die Sozialdemokratie ihren großen Sieg erfochten. Und es wäre ein Unrecht an den begeisterten Massen des Proletariats, die uns in Millionen zugeströmt sind, wollten wir diesen Sieg, ihren Sieg durch eine irrige Ausdeutung im Sinne der Liberalen verkleinern. Freilich hat man auch von unserer Seite die klaren Linien des Hauptkampfes äußerlich für einen Moment verwischt und die Legende von der liberalen Waffengemeinschaft und den

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