Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 3, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2003, S. 111

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Bethmann blieb mit seiner Flöte allein und zog betrübt von dannen, wir aber zogen mit unserm heimlichen Stichwahlabkommen in der Tasche in den Kampf.

Und dieser brachte erst die grausamste Kritik des Abkommens.

III

Leipzig, 2. März Der erste Stichwahltag brachte schon Resultate, die wie eine Bombe in die Taktik des Parteivorstands einschlugen, und die beiden andern Tage haben diese Wirkung vollendet. In 31 Wahlkreisen sollte uns die Abmachung mit den Fortschrittlern ihre Hilfe gegen die Reaktion sichern. Was erfolgte nun? 20 Kreise haben die Fortschrittler an die Reaktion ausgeliefert: 16 am ersten Stichwahltag und je 2 am zweiten und dritten Tage. Wenn wir in den übrigen 15 Wahlkreisen nicht gleichfalls der Reaktion unterlegen sind, so war es nicht etwa, weil die Fortschrittler sich in jenen Kreisen auf ihre Tugend und ihr bindendes Abkommen mit uns endlich besannen. Es war deshalb, weil unser Vorsprung und unsre Reserven in jenen Kreisen stark genug waren, um uns trotz des fortschrittlichen Verrats den Sieg zu sichern. Das Verhalten der Fortschrittler war – und es ist wichtig, sich das zu merken – genau das gleiche am ersten wie am letzten Stichwahltag. Sie zerstoben überall nach zwei Richtungen: Ein Teil blieb entweder zu Hause und verriet die Sozialdemokratie passiv oder lief aktiv zur Reaktion über und fiel uns in den Rücken, ein andrer, kleinerer Teil unterstützte unsern Kandidaten.

Nur einige Beispiele aus Kreisen, in denen wir den Sieg errungen haben.

Fortschritte. Stimmen in der Hauptwahl Stimmenzuwachs in der Stichwahl
Potsdam-Osthavelland 11063 Soz. 2 794
Kons. 8 331
Eschwege-Schmalkalden 5 801 Soz. 1561
Zentr. 4 306
Jena Fortschr. 5 406 Soz. 2 783
Nat.-Lib. 4 523 Kons. 7 100
Altenburg 9 273 Soz. 3 050
Reichsp. 5 995
Jerichow 8 291 Soz. 3 271
Kons. 5 386

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