Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 3, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2003, S. 291

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Zu dem Riesenkampf in Łódź

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Die Bewegung geht weiter und zieht immer größere Kreise. Schon schließen sich den Textilarbeitern allmählich andere Berufe an. So traten unter dem Anstoß der Textilarbeiter auch die Łódźer Trambahnangestellten in eine Lohnbewegung, nur das gewaltsame Einschreiten der Polizei hat noch im Łódźer Augenblick den Streik verhindert. Ebenso haben die Arbeiter der Eisenbahnstrecke zum Teil die Arbeit niedergelegt. Andere Arbeitergruppen schließen sich dem Streik an, ohne eigene Lohnforderungen zu stellen, nur um gegen die Haltung der Textilbarone ihren Protest und den Kämpfenden ihre brüderliche Solidarität auszudrücken. Der Kampf der Textilarbeiter ist also wieder zum Mittelpunkt aller Leidenschaften in Łódź geworden, wie schon so vielmal in den letzten Jahren.

Die Textilarbeiter spielen überhaupt in der Arbeiterbewegung des Zarenreichs eine besondere Rolle. An ihre großen spontanen Bewegungen ist die Geschichte des Klassenkampfes des gesamten Proletariats in Rußland als ihre wichtigsten Marksteine geknüpft. Es waren die Textilarbeiter des Moskau-Wladimirschen Zentralbezirks, die durch ihren plötzlichen heftigen Ausbruch zu Beginn der 80er Jahre wie eine jäh aufleuchtende Fackel die erste Massenregung des russischen Proletariats aufzeichneten.

Es war dies erst eine ziemlich chaotische und wirre Bewegung, bei der Maschinen zertrümmert und Fabriken demoliert wurden. Die sozialdemokratische Organisation und Agitation war dazumal im Zarenreich noch nicht klärend und wegweisend ins Werk getreten. Doch auch jener erste instinktive Ausbruch des Klassenkampfes war nicht ohne wichtige Folgen

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[1] Dieser Artikel ist nicht gezeichnet. Aus Briefen Rosa Luxemburgs vom Juli 1913 an Leo Jogiches geht hervor, daß sie die Verfasserin ist. (Siehe GB, Bd. 4, S. 281 ff.)