Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 3, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2003, S. 462

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Deutschland wie aus Frankreich, die in der Baseler Verständigung mitmachten, täuschen sich sicher nicht einen Moment darüber, daß die Herren Hausmann, Naumann und die anderen parlamentarischen Mannen aus beiden Ländern keine ernst zu nehmenden Bürgen des Völkerfriedens sind, sowenig wie das Haager Kasperletheater[1] von des blutigen Zaren Gnaden ein Tempel der Völkerverbrüderung ist. Worauf es unseren Genossen ankam, war im Grunde genommen ein ganz bescheidenes Ziel: die möglichste Eindämmung der Kriegshetzereien in beiden Ländern, eine gewisse Beruhigung der öffentlichen Meinung, damit die chauvinistischen Treibereien deutscher- wie französischerseits es nicht gar zu leicht haben mit ihrer vergiftenden Beeinflussung namentlich der leicht erregbaren kleinbürgerlichen Schichten der Bevölkerung. In diesem bescheidenen Maße mag die Baseler Verständigungsaktion gewiß ihr Gutes stiften. Nur dürfte dieses Gute nicht durch einen viel größeren Schaden, nämlich durch die Verdunkelung des klaren Klassenbewußtseins beim Proletariat, erkauft werden. Eine solche Verdunkelung ist aber zu befürchten, wenn das bescheidene Zwischenspiel von Basel zu einer welthistorischen Aktion, zu einer Etappe „auf dem Wege zum Weltfrieden“ aufgebauscht werden sollte. Sie ist zu befürchten vor allem, wenn wir auch innerhalb dieser kleinen Aktion nicht wenigstens jene minimalsten Vorbehalte machen, die erst die Scheidegrenze zwischen schaler Posse und ernsthaftem Wollen aufrichten. Wenn wir in einer parlamentarischen Stichwahl dem bürgerlichen Kandidaten unsere Unterstützung leihen, verlangen wir nicht, daß ein lendenlahmer Liberaler den Revolutionslöwen markiert, wir stellen ihm aber bestimmte Bedingungen, die nach dem Maß seiner Leistungsfähigkeit zugeschnitten sind. Wir können gewiß von Nationalliberalen, Freisinnigen und Zentrumsleuten nicht erwarten oder verlangen, daß sie grundsätzliche Gegner des Militarismus nach unserem Vorbild werden. Wir können aber ebensowenig eine ständige Friedensaktion gemeinsam mit Leuten veranstalten, die frischweg von den Friedensbanketten und -reden für neue Militärvorlagen stimmen. Der Angelpunkt unserer Agitation gegen die militärischen Rüstungen ist der Hinweis darauf, daß sie mit fataler Notwendigkeit zum Ausbruch der Kriege führen, daß somit, wer für die Vergrößerung der Heere eintritt, damit die Verantwortung für künftige Kriegskatastrophen auf sich lädt. Daraus ergibt sich für uns

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[1] Vom 18. Mai bis 29. Juli 1899 hatte in Den Haag die erste sogenannte Friedenskonferenz getagt, die auf Vorschlag von Zar Nikolaus II. einberufen worden war. Die Konferenz beriet Abrüstungsfragen und die friedliche Beilegung internationaler Konflikte, scheiterte aber an den imperialistischen Gegensätzen und vor allem an der aggressiven Haltung Deutschlands.