Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 3, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2003, S. 115

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(der Freisinn – R. L.) wiederum nicht weniger als zweiunddreißig zugunsten der Junker und Junkergenossen! Von den nationalliberalen Mandaten (die hier natürlich mitgezählt sind [Hervorhebung – R. L.]) einmal ganz abgesehen“ usw. Die Nationalliberalen, die damals (und noch im Dezember 1911, als die Broschüre erschien) „natürlich“ zu den „Junkergenossen“ zählten, werden jetzt, durch eine plötzliche Änderung – nicht in der Natur der Nationalliberalen, sondern in unserm politischen Wörterbuch – nicht mehr zur Reaktion, sondern zur „Linken“ gezählt. Rechnen wir sie auch bei den Wahlen 1907 ab und fragen, wieviel Kreise damals die Freisinnigen in der Stichwahl an die Konservativen, Reichsparteiler und Antisemiten ausgeliefert haben, so bekommen wir – die Sache ist auf derselben Seite 29 der Broschüre des Parteivorstands zu finden – sage und schreibe 20! Ein neckischer Zufall hat es gefügt, daß die Zahl der an die Reaktion durch die Fortschrittler 1907 ausgelieferten Wahlkreise aufs Haar mit der von 1912 übereinstimmt. Die Sache ist einigermaßen auffällig. Also 1907 beim Block mit den Konservativen und Antisemiten gegen die Sozialdemokraten und 1912 beim Abkommen mit den Sozialdemokraten gegen die Konservativen und Antisemiten führte die Stichwahltaktik der fortschrittlichen Wähler zu genau derselben Auslieferung von 20 Wahlkreisen an die Konservativen und Antisemiten!

Doch nicht genug. Die andre Seite der Medaille ist das Verhalten der Reaktion zu den Liberalen. 1907 war die Hilfe selbstverständlich gegenseitig, „eine Laus und eine Seele, kratzten sie sich um die Wette“. Diesmal entstand ob der durch das Abkommen mit uns bewirkten Parole der Fortschrittspartei im reaktionären Lager Wutgeheul und Zähneklappern. Der Parteivorstand schöpft gerade aus dieser Tatsache die beruhigende Sicherheit, „daß von uns der richtige Weg eingeschlagen war“.

Wollen wir auch hier Worte der Parteien durch ihre Taten kontrollieren, so ergibt sich folgendes: Die Konservativen, Antisemiten und Reichsparteiler stimmten in allen Wahlkreisen in überwiegender Mehrheit, in mehreren fast wie ein Mann für die Fortschrittler und gegen uns. Hier einige Beispiele:

Hauptwahl Stichwahl
Göppingen Soz. 11 933 13 027
Fortschr. 9 445 13 602
Kons. 7 777
Rostock Soz. 14 345 15 399
Fortschr. 10 823 14 471
Kons. 4 937

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