diese unsrer Partei wesensfremde Zweideutigkeit der Haltung, die nur einer bürgerlich-liberalen Partei anstehen mag, war ein intellektuelles Opfer, das wir der fortschrittlichen Kumpanei gebracht haben.
Es entbehrt nicht eines bitteren Humors, wenn der Parteivorstand sich dabei das Verdienst zuschreibt, durch seine Strategie in den nach seiner Ansicht aussichtslosen 16 Wahlkreisen der Partei Geld und Zeit erspart zu haben. Die Ersparnis bestand nebenbei darin, daß in den betreffenden Kreisen Hunderttausende von Flugblättern bereits fertig gedruckt vorlagen, die nun zu Makulatur wurden, und eine Masse von Versammlungen festgemacht waren, die unter Verlusten wieder abgesagt werden mußten. Doch das Wichtigste scheint vergessen zu sein: Nicht Geld und Zeit, sondern Agitation, Werbearbeit, Aufklärung durch Flugblätter und Versammlungen kam hier in Frage, und diese der Partei „erspart“ zu haben, dürfte eins von den bescheideneren Verdiensten des Parteivorstands sein.
Freilich, die Mandate mochten meist aussichtslos gewesen sein. Seit wann ist aber für uns die Frage der Mandate das Ausschlaggebende, und wurde es bis jetzt nicht stets als die verdammte Pflicht und Schuldigkeit der Genossen betrachtet, auch dort, wo vorläufig nicht die geringste Aussicht auf das Mandat besteht, volle und ganze Arbeit zu tun und genauso eifrig zu agitieren, wie wenn der Sieg gesichert wäre? Für die bürgerlich-liberalen Politiker sind Wahlkreise nur dann der Rücksicht wert und die Agitation lohnend, wenn ein Mandat winkt; für die Sozialdemokratie kommt die Agitation an erster und das Mandat an letzter Stelle in Betracht.
Man kann einwenden: Es handelt sich ja bloß um die Stichwahlen, und die Partei hat seit jeher zwischen Hauptwahlen und Stichwahlen einen Unterschied gemacht. Nachdem in der Hauptwahl die Agitation ohne Zweifel in vollster prinzipieller Schärfe geführt worden war, kamen in den Stichwahlen andre Gesichtspunkte in Betracht. Gewiß, ein Unterschied ist von der Partei zwischen Hauptwahl und Stichwahl stets gemacht worden, doch niemals in dem Sinne etwa, daß die Hauptwahl dem prinzipiellen Kampf gehöre, während die Stichwahl einen Freibrief für beliebige Experimente der sogenannten „praktischen Politik“ bedeute. Eine besondere Stichwahltaktik bezog sich überhaupt nur auf die besondere Situation, in die wir kamen, wenn uns die Entscheidung zwischen zwei bürgerlichen Gegnern zufiel. Nachdem wir selbst aus dem Kampffeld ausschieden, war es selbstverständlich, daß wir ernstlich die Frage erwägen mußten, ob und nach welcher Richtung wir unsre Wählerstimmen in die Waagschale werfen sollten. War die sozialdemokratische Vertretung