Schärfe geht Rednerin mit dem Imperialismus ins Gericht, dessen Folgen sie sowohl von der rein politischen als auch von der handels- und wirtschaftspolitischen Seite beleuchtet. Sie zeigt, daß die Sozialdemokratie einzig und allein konsequent und unverrückbar und ihren Grundsätzen getreu gegen diese Art der Raubpolitik den Kampf geführt habe und auch weiter führen werde. Solange unsere Patrioten noch 11/2 Millionen fremde ausländische Arbeiter planmäßig nach Deutschland einführten, hätten die deutschen Arbeiter keine Ursache, nach Afrika auszuwandern. Das überließen sie ihren Ratgebern mit Naumann[1] an der Spitze, der als Seelsorger mitgehen könne, und auch dem Fräulein Lischnewska, damit auch das schöne Geschlecht vertreten sei. (Stürmische Heiterkeit.) Zum Schlusse erklärt die Rednerin: Was der Imperialismus tue, sei nichts anderes als Vorarbeit für uns. In diesem Bewußtsein gingen wir dem 12. Januar[2] entgegen. Nicht, wie bei dem Bürgertum, sei bei uns die Jagd nach Mandaten die Hauptsache, sondern viel wichtiger seien die Stimmen, und auch diese hätten wir zu wägen nicht nach Zahl, sondern nach geistigem Gehalt. Nicht Mitläufer, sondern entschlossene, überzeugte und opferbereite Männer und Frauen, die in guten und bösen Zeiten zu uns hielten, brauchten wir. Wir gingen schlimmen Zeiten, vielleicht sogar Ausnahmegesetzen entgegen. Trotzdem keine Furcht: Je schärfer die Brise, um so lustiger wehe die rote Flagge! Wir, die zwölf Jahre unter einem Ausnahmegesetz geblutet hätten, brauchten uns nicht zu fürchten! Aber die zu uns kämen, müßten gefaßt sein, daß vielleicht mehr Opfer von ihnen verlangt würden als die Abgabe eines Stimmzettels. Wenn wir in diesem Geist hinausziehen in den Kampf, dann könnten wir ausrufen, wie es so schön im Liede heißt: Mit uns das Volk, mit uns der Sieg! (Brausender, minutenlanger Beifall.)
Vorwärts (Berlin),
Nr. 297 vom 20. Dezember 1911.