Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 3, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2003, S. 55

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sitzen Sie ruhig. (Lachen.) Bebel hat gesagt, ich hätte eine „Unterschlagung“ dadurch begangen, daß ich nicht erwähnt hätte, daß er die vorgeschlagene Sitzung des Internationalen Büros nur zunächst, nur vorläufig abgelehnt hätte. In meinem Artikel in der „Leipziger Volkszeitung“ steht schwarz auf weiß: „Das deutsche Mitglied des Internationalen Büros erklärte gleichfalls zunächst –.“ (Bebel: „Davon haben Sie gestern kein Wort gesagt!“) Ich habe das vorgelesen, Sie müssen eben zuhören und nicht immer durch Zwischenrufe stören. (Unruhe.) Ja noch mehr, ich habe nicht nur erwähnt, daß das „zunächst“ abgelehnt war, sondern ich habe mich weit und breit darüber verbreitet, um nachzuweisen, daß das „zunächst“ ganz anders aufgefaßt werden müßte. Ich sage in meinem Artikel weiter: „Die Ablehnung von deutscher Seite jedoch, ‚zunächst‘ die Konferenz abzuhalten, ist als eine Absage an die Idee überhaupt aufgefaßt worden.“[1] Wie man angesichts des Wortlautes meines Artikels behaupten kann, ich hätte „unterschlagen“, daß die Ablehnung nur zunächst erfolgte, ist mir, um ein bekanntes Wort von Bebel zu gebrauchen, „ein psychologisches Rätsel“. Bebel macht mir weiter einen Vorwurf daraus, daß ich nicht erwähnt habe, daß er in einer Besprechung mit Huysmans sich im Gegenteil sogar für einen weitergehenden Vorschlag ausgesprochen hat. Bebel hat aber selbst gesagt, daß diese Besprechung am 30. Juli stattgefunden hat, mein Artikel aber war schon am 24. Juli erschienen. Bebel, dem in seinem Leben – nicht von mir und meinen Freunden, sondern von anderer Seite – so oft vorgeworfen war, daß er als Prophet auftritt, darf mir doch keinen Vorwurf daraus machen, daß ich kein Prophet bin. (Heiterkeit. Bebel: „Das ist nur nicht der richtige Sachverhalt!“) Bebel hat dann öffentlich erklärt, er habe sich vorgenommen, sich künftig in seinen Briefen an mich sehr in acht zu nehmen. Diese Vorsicht ist ganz überflüssig. Sic wissen, Genosse Bebel, ebensogut wie ich, daß die Briefe, die wir einander schreiben, gewöhnlich von vornherein nicht hinter den Spiegel zu stecken sind. (Große Heiterkeit.) Die Parteivorstandsmitglieder[2], namentlich Bebel, haben mit voller Macht aus ihrer Höhe als Jupiter auf mich die brennendsten Blitze und Donner herabgeschleudert, sie haben mich persönlich herunterzureißen gesucht, soviel sie konnten, aber ich habe schon jetzt eine Satisfaktion erlebt. Und das war während der Rede von Ihnen, Genosse Bebel. Haben Sie vielleicht gesehen, woher Sie den stürmischen Applaus bekommen haben? (Lachen.) Die applaudierenden Hände waren alle aus Bayern, Baden. (Große Unruhe, Zurufe: „Ist das

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[1] S. 6.

[2] In der Quelle: Parteivorstand.