Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 3, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2003, S. 54

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teil, ich stehe heute wie damals – und ich glaube, alle mit mir, außer Molkenbuhr – auf dem Standpunkt, daß nicht diese oder jene Rede eines englischen Ministers, sondern die Tatsache der Absendung eines Kanonenbootes deutscherseits nach Agadir, d. h. ein tätlicher Eingriff des Deutschen Reiches in das Marokkoabenteuer, der gegebene Moment war, um eine Aktion gegen die Marokkogefahr zu entfalten. („Sehr richtig!“) Molkenbuhr sagt freilich, er habe auch gewußt, daß bereits am 2. Juli Deutschland ein Kanonenboot geschickt habe, aber er fügte hinzu, was das Kanonenboot in den Gewässern von Agadir wollte, das wußte man nicht. Vielleicht dachte man im Parteivorstand, daß es hingeschickt sei, um Fischlein zu fangen. (Heiterkeit.) Ich bedauere diese harmlose Auffassung über so wichtige Vorgänge.

Nun zu Bebel. Ich bedauere sehr, daß Genosse Bebel, der so sehr gegen Indiskretionen hier vorging, mit der ganzen ihm zu Gebote stehenden Schärfe, Lebhaftigkeit und Jugendfrische zugleich die Indiskretion verübt hat, Ausführungen, die Genosse Huysmans in einem Privatgespräch mit Bebel über mich gebraucht haben soll, hier wiederzugeben. Es tut mir leid, daß ich auf die Worte eines Abwesenden scharf reagieren muß, es ist sonst nicht meine Gewohnheit, Abwesende anzugreifen, aber ich bin durch Bebel dazu gezwungen. Huysmans soll zu Bebel gesagt haben: (Bebel: „Soll? Er hat gesagt!“) erstens, daß es nicht das erstemal sei, daß ich eine Indiskretion an Mitteilungen des Internationalen Büros verübt habe. Hat Genosse Huysmans das gesagt, was ich ja nicht weiß und nicht nachprüfen kann, so hat er eine Unwahrheit gesagt, eine aus der Luft gegriffene Behauptung aufgestellt, für die keinerlei Beweise zu erbringen sind. Weiter soll Genosse Huysmans die Absicht geäußert haben, mir zur Strafe für meine jüngst verübte Missetat nunmehr alle Mitteilungen des Internationalen Büros sperren zu wollen. Hat Huysmans das gesagt, dann hat er seine Kompetenzen weit überschritten. („Sehr richtig!“ Bebel: „Das habe ich ja selbst gesagt!“) Huysmans ist der angestellte Sekretär des Internationalen Büros, der unsere Arbeiten für uns erledigen muß und bis jetzt in dankenswertester Weise glänzend erledigt hat. Wer Mitteilungen vom Internationalen Büro zu bekommen hat oder nicht, darüber kann Huysmans nicht befinden, sondern das Internationale Büro, dessen Mitglied ich bin, und ich möchte das Büro sehen, daß es wagen würde, mir seine Mitteilungen zu sperren. (Lachen und Beifall.) Weiter hat Bebel eine neue Beschuldigung zu meinen früheren Sünden hinzugefügt, er hat gesagt, ich hätte „unterschlagen“. (Bebel: „Sehr richtig!“) Sie wissen ja noch gar nicht, was ich sagen will, Genosse Bebel, beruhigen Sie sich,

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