Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 3, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2003, S. 449

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gen, sittlichen und ästhetischen Kultur“ sowie auch des sozialen Fortschritts – „sich eine starke Flotte zu schaffen“.

Damals, vor fünfzehn Jahren, hatte die bürgerliche Sozialreform auch ihre Schicksalsstunde erlebt. Sie hat sich damals als verächtliche Magd des Imperialismus mit eigenen Händen entleibt. Und wenn sie jetzt, ihrer Schmach nicht gewahr, vor das Licht der Öffentlichkeit trat, um für die verfolgten Arbeiterkoalitionen ein Wörtlein einzulegen, so kann die Arbeiterschaft nur mit geringschätzigem Lächeln dieser Gespensterversammlung nachblicken. Sie hat gerade auch aus den Schicksalen des Vereins für Sozialreform zur Genüge lernen können, daß sozialpolitischer Fortschritt wie jede Kulturerrungenschaft heute nur von dem rücksichtslosen Klassenkampf geboren wird und daß die soziale Rücksicht auf Millionen nur dann zur Tat wird, wenn diese Millionen aus dem geduldigen Amboß, der sie allzulang gewesen sind, selbst zum Hammer werden und mit der ganzen Wucht des revolutionären Willens auf ihre Ketten schlagen.

Sozialdemokratische Korrespondenz (Berlin),
Nr. 54 vom 14. Mai 1914.

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