Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 3, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2003, S. 436

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nik, in der chemischen Industrie, die Eroberung des Luftmeeres für den Verkehr haben einen ungeahnten Aufschwung genommen. Gleichzeitig haben die Konzentration des Kapitals, der industrielle Betrieb, der Ausbau der Kartelle und Trusts, das Emporkommen des zusammengeballten Bankkapitals und sein internationaler Einfluß die Übermacht der herrschenden Ausbeuterklasse ins gigantische gesteigert.

Dieselben fünfundzwanzig Jahre stehen auf politischem Gebiete im Zeichen einer neuen Erscheinung: des Imperialismus. Während Ende der 80er Jahre noch das kleine Europa die eigentliche Bühne der internationalen Diplomatie mit ihren Rechnungen aus der Zeit der Urgroßtante und ihren altväterischen Mitteln und Kniffen war, ist es heute die gesamte Welt mit ihren fünf Erdteilen und drei Weltmeeren, auf denen das internationale Kapital seine völkermordenden Minen legt; seine Wetterwinkel bereitet, seine Apokalyptischen Reiter blutiger Revolutionen und blutiger Weltkriege herumjagt. Seitdem sind in rascher Folge krachender Donnerschläge der japanisch-chinesische, spanisch-amerikanische, südafrikanische, europäisch-chinesische, Russisch-Japanische, tripolitanische und der Balkankrieg, die russische, persische, türkische, chinesische Revolution in die alten Mauern und Schanzen gefallen, sie haben die alte Ordnung von Jahrtausenden in rauchende Trümmer verwandelt, um im gleichen heißen Atem die Weltherrschaft des Kapitals und ihr nahendes Ende zu verkünden.

Für die arbeitenden Massen hat dieser Umschwung auf Schritt und Tritt nur neues Elend, neuen Druck und neue Sklaverei mit sich gebracht. Die Industrialisierung der Welt ist für sie mit der Proletarisierung neuer Millionen und aber Millionen identisch. Der technische Fortschritt ist zur Geißel der intensivsten Arbeit geworden, die Muskeln, Hirn und Blut des Proletariers erbarmungslos peitscht, ihn mit grausamem Sausen zu Grabe hetzt. Die Trutzburgen des konzentrierten Kapitals, die Kartelle und Unternehmerverbände, haben eine Ära von Massenaussperrungen und einen unaufhörlichen Krieg gegen die Koalitionen der Arbeiter eingeleitet. Das Aufkommen des Imperialismus hat ihnen die furchtbare Last militärischer Rüstungen aufgebürdet. Während endlich vor fünfundzwanzig Jahren eine lange Periode des allgemeinen Preisfalls auf dem Weltmarkt und die sogenannte Agrarkrise, d. h. billige Lebensmittel, Gegenstand des allgemeinen Wehklagens der Kapitalistenklasse war, ist seitdem eine schroffe Wendung zur steigenden Teuerung eingetreten, von der kein Ende abzusehen ist.

So ist im wirren Durcheinander schroffer Widersprüche, gewaltsamer

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