Mittel zur Beförderung der einen und der anderen darzulegen“. Wie sehr diese scheinbar so friedfertigen, rein wirtschaftlichen Gebilde, wenn es dem Kapital gerade so paßt, ungeniert und munter in Politik machen, zeigte sich schon in den 60er und 70er Jahren. Wurden doch die Handelskammern wie auch ihr von David Hansemann gegründetes Zentralorgan, der Deutsche Handelstag, damals zu den Hauptherden der heftigsten freihändlerischen Agitation, solange diese in die Bismarckschen Pläne paßten.
Wollen die Unternehmer daneben ihre engeren oder lokalen wirtschaftspolitischen oder technischen Interessen wahrnehmen, dann leisten ihnen mannigfache freie Vereine die erforderlichen Dienste. Die Eisengießereien bilden einen für sich, die rheinisch-westfälischen Spinner einen anderen, die Textilveredelungsindustrie ist in ihrem Verein zusammengeschlossen, die Brauereien haben ihre „Brausteuergemeinschaft“, in der Montanindustrie wimmelt es von solchen lokalen und Branchenvereinen. Hier werden Wunschzettel an den Staat ausgearbeitet: über wirtschaftliche Gesetzgebung, über Verkehrsmittel, Eisenbahntarife, öffentliche Dienste – alles zu Nutz und Frommen des Kapitals. Wenn es das Kapital braucht, werden Flüsse durch industrielle Abwässer vergiftet, Stadtteile in stinkende Pestherde verwandelt. Wenn aber die organisierte Kapitalmacht winkt, werden Kanäle gebaut, Eisenbahnen durchgeführt, Villenviertel errichtet, die in Luft, Sonne und lachendem Grün baden.
Wollen sich die Unternehmer gegen das konsumierende Publikum verschwören, so greifen sie zum Mittel der Kartelle, von dem losen „Konditionskartell“ und der „Preiskonvention“ der Textilkrösusse bis zum regelrechten Trust der Elektrizitätsmagnaten. Hier werden Tausende Mittel und Wege ersonnen, um die Masse der Konsumenten zu prellen, dem lieben Vaterland das Fell über die Ohren zu ziehen, während das Ausland zu Schleuderpreisen bedient wird. Hier werden Wegelagererpolitik und zynischer Terror gegen andere Interessentengruppen betrieben wie jüngst im Kriege zwischen den Tuchfabrikanten und den Tuchabnehmern. Hier werden Scharfmacherpraktiken gegen die Arbeiter ausgeheckt, wie 1910 der Boykott des Stahlwerksverbandes gegen die Baufirmen, die sich an der großen Aussperrung nicht beteiligen wollten.[1] Hier wird im geheimen mit den schäbigsten Tricks der Tascheninteressen gearbeitet, die
[1] Im Jahre 1910 hatte der Deutsche Arbeitgeberbund für das Baugewerbe etwa 160 000 Bauarbeiter ausgesperrt. Gegen die Unternehmer, die sich der Aussperrung nicht anschließen wollten, wurden von den Großindustriellen so drastische Maßnahmen wie Nichtbelieferung mit Baumaterial usw. angewandt, um sie zu zwingen, sich den Maßnahmen der Scharfmacher anzuschließen und geschlossen gegen die Bauarbeiter vorzugehen.