einzelner Gemeinden beweist, daß die Gleichberechtigung der Frauen den Staat noch nicht umstürzt, die Herrschaft des Kapitals nicht antastet. Da aber das politische Recht der Frau heute tatsächlich eine rein proletarische Klassenforderung ist, so ist es für das heutige kapitalistische Deutschland wie die Posaune des Jüngsten Gerichts. Wie die Republik, wie die Miliz, wie der Achtstundentag kann das Frauenwahlrecht nur zusammen mit dem ganzen Klassenkampf des Proletariats siegen oder unterliegen, kann es nur mit proletarischen Kampfmethoden und Machtmitteln verfochten werden.
Bürgerliche Frauenrechtlerinnen wollen politische Rechte erwerben, um sich dann im politischen Leben zu betätigen. Die proletarische Frau kann nur der Bahn des Arbeiterkampfes folgen, der umgekehrt jeden Fußbreit tatsächlicher Macht erringt, um dadurch erst die geschriebenen Rechte zu erwerben. Im Anfang jedes sozialen Aufstiegs war die Tat. Die proletarischen Frauen müssen im politischen Leben durch ihre Betätigung auf allen Gebieten festen Fuß fassen, nur so schaffen sie sich ein Fundament für ihre Rechte. Die herrschende Gesellschaft verweigert ihnen den Zutritt zu den Tempeln ihrer Gesetzgebung, aber eine andere Großmacht der Zeit öffnet ihnen breit die Tore – die Sozialdemokratische Partei. Hier, in Reih und Glied der Organisation, breitet sich vor der proletarischen Frau ein unübersehbares Feld politischer Arbeit und politischer Macht. Hier allein ist die Frau ein gleichberechtigter Faktor. Durch die Sozialdemokratie wird sie in die Werkstatt der Geschichte eingeführt, und hier, wo zyklopische Kräfte hämmern, erstreitet sie sich tatsächliche Gleichberechtigung, auch wenn ihr das papierne Recht einer bürgerlichen Verfassung versagt wird. Hier rüttelt die arbeitende Frau neben dem Manne an den Säulen der bestehenden Gesellschaftsordnung, und bevor ihr diese den Schein ihres Rechts zugesteht, wird sie helfen, diese Gesellschaftsordnung unter Trümmern zu begraben.
Die Werkstatt der Zukunft bedarf vieler Hände und heißen Atems. Eine Welt weiblichen Jammers wartet auf Erlösung. Da stöhnt das Weib des Kleinbauern, das unter der Last des Lebens schier zusammenbricht. Dort in Deutsch-Afrika in der Kalahariwüste bleichen die Knochen wehrloser Hereroweiber, die von der deutschen Soldateska in den grausen Tod von Hunger und Durst gehetzt worden sind.[1] Jenseits des Ozeans, in den hohen Felsen des Putumayo, verhallen, von der Welt ungehört, Todesschreie gemarterter Indianerweiber in den Gummiplantagen internationaler Kapitalisten.
[1] Bei dem Unterdrückungsfeldzug 1904–1907 gegen die Hereros in Südwestafrika (siehe S. 70, Fußnote 2) hatten die deutschen Kolonialtruppen die Eingeborenen in die Wüste getrieben und von den Wasservorkommen abgeschnitten. General Lothar von Trotha hatte Befehl gegeben, keine Gefangenen zu machen und auf Frauen und Kinder zu schießen, so daß die Hereros einem grausamen Tod ausgeliefert waren.