entschlossenen, also der Nichtorganisierten“ heraus, als das Resultat einer Erregung, die beide Schichten gleichmäßig ergreift. Oder, wie ich in der „Leipziger Volkszeitung“ schrieb: „Nur wenn ein lebhafter Blutkreislauf zwischen dem Organisationskern und der Volksmasse besteht, wenn derselbe Pulsschlag beide belebt, dann kann auch die Sozialdemokratie zu großen historischen Aktionen sich tauglich erweisen.“[1]
Wenn dem aber so ist, ergibt sich dann nicht für den organisierten, klassenbewußten Teil des Proletariats die klare Pflicht, nicht bloß auf jene „Erregung“ passiv zu warten, sondern sich auch die leitende Rolle der Vorhut zu sichern? Ergibt sich da nicht für die Sozialdemokratie die geschichtliche Aufgabe, sich durch ihre ganze Haltung jetzt schon den größten Einfluß auf die unorganisierte Masse zu verschaffen, durch die Kühnheit ihres Vorgehens, durch entschlossene Offensive das Vertrauen der weitesten Volkskreise zu gewinnen, den eigenen Organisationsapparat für die Anforderungen großer Massenaktionen anzupassen?
Ja, Kautsky, der den Massenstreik in Deutschland nur als einen einmaligen „äußersten Kampf“, als eine Art Jüngstes Gericht schildert, versichert uns gleichwohl wiederholt, daß bei den jetzigen gespannten Verhältnissen über Nacht eine Situation eintreten kann, die uns zwingt, zu unseren schärfsten Waffen zu greifen. Man bedenke: Wir können von heute auf morgen, „über Nacht“ zum Massenstreik, das heißt nach Kautskys Schema zur Generalschlacht auf Tod und Leben mit dem herrschenden System, gelangen. Und angesichts solcher Möglichkeiten soll die Partei nicht durch offensive Taktik jetzt schon ihre Waffen schärfen, durch die Vorbereitung der Massen auf ihre großen Aufgaben den kommenden Ereignissen zielbewußt begegnen? Die Verhältnisse seien derart, daß „über Nacht“ eine Katastrophe eintreten kann. Wir leben nach Kautsky gewissermaßen auf dem Vulkan. Und in einer solchen Situation sieht Kautsky für sich nur die eine Aufgabe: diejenigen als „Putschisten“ zu denunzieren, die der Kampftaktik der Sozialdemokratie mehr Wucht und Schärfe verleihen, die sie aus dem Schlendrian herausreißen wollen! Kautsky gebraucht bei seinen taktischen Plänen gern kriegerische Worte. Man hört bei ihm viel von Schlachten, Feldzügen und Feldherren. Nun, ein Feldherr, der „über Nacht“ eine Generalschlacht erwartete und, statt für die äußerste Ausrüstung seines Lagers zu sorgen, etwa die Order ausgeben würde, ruhig weiter die Knöpfe blank zu putzen, verdiente eine Verewigung freilich nicht in der Kriegsgeschichte, sondern im „Wahren Jacob“.