Ist nun den Arbeitern, den Sozialdemokraten in England der Kampf gegen den Militarismus durch die britische Steuerpolitik „erleichtert“ worden? Dieser Kampf ist umgekehrt in England viel schwächer, viel ohnmächtiger als in Deutschland. Ja, gerade in England hat sich sogar ein Teil der Arbeiterschaft und der Sozialisten von der imperialistischen Flottenbegeisterung der Bourgeoisie mit ins Schlepptau nehmen lassen. Das beweist natürlich für einen denkenden Politiker nicht, daß wir die indirekten Steuern und die Abwälzung der Militärlasten auf das arbeitende Volk der direkten Besteuerung vorzuziehen hätten. Ein solcher Schluß wäre genauso roh und plump wie die umgekehrte Spekulation: die direkten Steuern seien das einfachste Mittel, dem Militarismus hinterrücks, mit den Händen der Bourgeoisie, nach und nach das Lebenslicht auszublasen, ihn sozusagen am Geiz der Kapitalisten krepieren zu lassen.
An dem Beispiel der britischen Geschichte für die letzten 40 Jahre zeigt sich vielmehr, daß der Militarismus im heutigen kapitalistischen Klassenstaat offenbar tiefere Wurzeln hat, als daß er sich durch eine boshafte Steuerpolitik abwürgen ließe. Es zeigt sich, daß, trotzdem finanztechnisch die herrschenden Klassen in England die Kosten „ihres“ Militarismus tragen – die Rechnung für das Jahr 1908 lautet: direkte Steuern 26,55 Mark pro Kopf, Ausgaben für Heer und Marine 26,42 Mark pro Kopf –, der englische Kapitalismus daran weder zugrunde gegangen noch auf den Bettelstab gekommen ist. Umgekehrt, er macht glänzende Geschäfte, was zu beweisen scheint, daß auch dann, wenn die Kosten des Militarismus äußerlich, finanztechnisch, auf der Bourgeoisie lasten, sie dabei sowohl ökonomisch ihre Auslagen wieder in ihre Taschen mit Zinseszinsen zurückzubringen versteht wie mit Hilfe des Militarismus ihre Profitmacherei, ihre Klassenherrschaft, ihre Ausbeutung glänzend zu betreiben und fördern vermag.
Es folgt endlich aus alledem, daß zur Erleichterung des Kampfes der Arbeiterklasse gegen den Militarismus nicht die finanzpolitischen Illusionen und eitlen Hoffnungen auf eine „Dämpfung“ des Militarismus durch direkte Steuern dienen können. Es folgt umgekehrt gerade aus dem Beispiel der englischen Arbeiter, daß für den Kampf des Proletariats gegen den Militarismus nichts so gefährlich und hinderlich ist wie die Einbildung, als komme es bei dem Militarismus in erster Linie darauf an, wieviel er koste, und – dies die Hauptsache – als trage die Bourgeoisie, wenn sie direkte Steuern zahlte, auch wirklich die Kosten der militärischen Entwicklung. Es folgt, daß „zur Erleichterung unseres Kampfes gegen den Militarismus“ nichts so wichtig ist wie die gründ-