– seine Verknüpfung mit dem monarchischen Halbabsolutismus, mit dem Verfall des Parlamentarismus, mit der Weltpolitik und den imperialistischen Tendenzen – notgedrungen in den Hintergrund geschoben werden, dann kann sich leicht der bedauerliche Fall ergeben, daß der gewaltigste Vorstoß des Militarismus nicht den genügenden Widerstand in den Massen erweckt, weil sic in dem irrigen Glauben leben, sie hätten gegebenenfalls nicht die materiellen Kosten zu tragen. Auch hier zeigt sich die mangelnde systematische Massenagitation für unsre Programmforderung der Volkswehr, die man den breitesten Volksschichten längst hätte beibringen müssen, daß wir den heutigen Militarismus nicht deshalb bekämpfen, weil er uns viel kostet, sondern weil er das Werkzeug der politischen Klassenherrschaft der Bourgeoisie ist, was er auch bei den höchsten Besitzsteuern bleibt.
Allein, es wäre unsres Erachtens überhaupt verfehlt, unsre Aktion gegen die Militärvorlage für sich allein und getrennt von dem allgemeinen Pulsschlag des Parteilebens zu betrachten. Im politischen Leben und namentlich im Leben der Massen läßt sich keine künstliche Trennung der einzelnen wichtigen Vorgänge und Gebiete durchführen, auf die sich ihr Interesse konzentriert. In einer Periode der politischen Hochflut, des energischen Kampfes reagiert die Masse auf alles mit verdoppelter Intensität. Hat die führende Partei des Proletariats verstanden, durch aufrüttelnde, zielklare Agitation die revolutionäre Energie, den Kampfgeist in der Masse zu wecken, ihr Vertrauen in die eigne Kraft zu steigern, dann entzündet sich eine Flamme an der andern, dann ergibt sich mühelos und wie selbstverständlich eine Steigerung der Kundgebungen und der Kampfformen. Eine solche Hochflut, eine solche aggressive Kampfperiode, läßt sich freilich nicht künstlich schaffen, nicht beliebig von heute auf morgen aus dem Boden stampfen. Es muß eine günstige politische Situation, eine genügende elektrische Ladung der Atmosphäre gegeben sein, an der sich der bewußte Kampf der Partei entzünden kann. Wenn wir aber von der Situation sprechen, so dürfen wir nicht vergessen, daß eine Partei von 4 Millionen Wählern und mindestens 10 Millionen Anhängern beider Geschlechter doch auch selbst ein wichtiger Faktor der politischen Situation ist. Wir dürfen nicht vergessen, daß eine so mächtige Partei zwar auch nicht künstlich die verschärfte Kampfperiode schaffen kann, wenn dafür objektive Handhaben und Gelegenheiten fehlen, daß sie aber wohl solche Handhaben und Gelegenheiten ungenutzt verpassen, der Verschärfung des Kampfes geflissentlich aus dem Wege gehen und so die Masse selbst für längere Zeit apathisch machen kann.