nicht zur rechten Zeit ins Feuer geführt hat.[1] Dabei hat die belgische Arbeiterschaft bei weitem nicht so gute Organisationen wie die deutsche. Auch das Beispiel der russischen Revolution hat ja bewiesen, was die Masse kann. 1906 hatte das russische Proletariat keine gewerkschaftlichen und keine politischen Organisationen, und wenige Jahre darauf waren im Feuer der Revolution feste proletarische Organisationen geschmiedet.
Es ist nötig, daß wir unsre Kraft, die elementare Kraft der großen Masse, nicht unterschätzen, denn die Gefahr, daß wir unsre Kräfte unterschätzen, ist größer als etwa eine Überschätzung unsrer Kräfte. Wir müssen den Proletariermassen sagen, wenn wir jetzt, nach 50 Jahren der Entwicklung, in unsern Reihen Millionen zählen, daß dies nicht bloß zum Stolz berechtigt, sondern auch zu Taten verpflichtet. Je mehr wir wachsen, um so mehr sind wir verpflichtet, die ganze Wucht unsrer Masse in die Waagschale zu werfen. Wir müssen die Massen aufklären und ihnen sagen, wenn die Kapitalisten die Welt verteilen, so sind wir die Erben dieser halsbrecherischen Unternehmungen. Wir müssen jenen Mut, jene Entschlossenheit und Rücksichtslosigkeit in der Verfolgung unsrer Aufgaben zeigen, die von den bürgerlichen Revolutionären aufgebracht wurde, die Danton zusammenfaßte, als er sagte, in bestimmten Situationen brauche man als Parole nur drei Worte: Kühnheit, Kühnheit und noch einmal Kühnheit! (Stürmischer Beifall.)
Leipziger Volkszeitung,
Nr. 121 vom 29. Mai 1913.
[1] Am 14. April 1913 begann in Belgien ein politischer Massenstreik für das allgemeine Wahlrecht, der seit Juni 1912 durch ein spezielles Komitee organisatorisch, finanziell und ideologisch im ganzen Lande sorgfältig vorbereitet worden war. An dem Streik beteiligten sich etwa 450 000 Arbeiter. Am 24. April 1913 beschloß der Parteitag der belgischen Arbeiterpartei den Abbruch des Streiks, nachdem sich das belgische Parlament dafür ausgesprochen hatte, die Reform des Wahlrechts in einer Kommission erörtern zu lassen.