Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 3, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2003, S. 47

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-3/seite/47

Massenagitation gegen die bürgerliche Gesellschaft sein soll. Wir müssen in Betracht ziehen, daß nicht nur bürgerliche Blätter, sondern auch die Gewerkschaftsblätter zum Teil nicht die Diskussion, wohl aber die Resolution abdrucken werden, deshalb muß die Resolution mindestens als Grundlage für die Agitation ausreichen und deshalb alle wesentlichen Standpunkte der Sozialdemokratie zur Frage ausdrücken. Es sollen auch hier die Hauptpunkte angegeben werden, die unseren Rednern und unserer Presse richtunggebend sein müssen, damit in der Agitation auch alles ausgesprochen wird, was für die Sozialdemokratie von Wichtigkeit ist. Deshalb halten wir es für notwendig, daß gleich beim ersten Absatz, wo gegen einen Krieg zwischen den Kulturvölkern protestiert wird, gleichzeitig erklärt und deutlich ausgedrückt wird, daß wir ebenso gegen einen Krieg gegen Nichtkulturvölker sind, was zwar für die Sozialdemokratie selbstverständlich ist, aber gerade deshalb ausgedrückt werden soll und muß. (Heiterkeit.) Vergessen wir nicht, daß z. B. in Marokko schon seit längerer Zeit ein Krieg gegen die eingeborenen Stämme geführt wird, gegen den wir uns genauso wenden müssen wie gegen einen Krieg unter Kulturvölkern. Ferner ist unerwähnt geblieben, wohl nur aus Versehen oder in der Absicht, sich möglichst kurz zu fassen, daß wir gegen die Machenschaften kapitalistischer Cliquen in der Kolonialfrage nicht nur deshalb protestieren, weil sie so schädlich für die Interessen der Arbeiterklasse sind, sondern weil sie auch die vitalsten Interessen der Eingeborenen in den Kolonialländern beeinträchtigen. Ferner sind im Absatz 4 als einzige Ursache der Kriegsgefahr die Intrigen und die Spekulationssucht einiger großkapitalistischer Cliquen angeführt, und es ist unerwähnt ge­blieben ein Standpunkt, der uns außerordentlich nützlich und wichtig ist in unserer allgemeinen Agitation gegen den Militarismus, daß nämlich die Rüstungen an sich eine gefahrdrohende Erscheinung sind, daß gerade durch das Wettrüsten die Kriegsgefahr nicht beseitigt, sondern noch gesteigert wird. In der Resolution fehlt auch der Zusammenhang zwischen der Marokkoangelegenheit und der allgemeinen Frage des Militarismus, die voneinander nicht zu trennen sind. Insbesondere halten wir es für notwendig, die Spitze der Resolution nicht bloß gegen diese paar kapitalistischen Cliquen zu richten, sondern gegen diejenigen politischen Parteien, auf denen die Verantwortung für die jetzige Kriegsgefahr und für die ganze Situation überhaupt lastet, gegen jene Parteien, die den Militarismus unterstützen, denn mit ihnen haben wir ja mehr und direkter zu tun als mit jenen wenigen kapitalistischen Cliquen, die hinter den Kulissen Drahtzieher sind.

Nächste Seite »