Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 3, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2003, S. 44

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seine Autorschaft gewußt, eine Behauptung, die er einfach aus der Luft greift, für die er nicht den geringsten Anhaltspunkt hat, eine wirklich unschöne persönliche Verdächtigung. Diese grundlose Beschuldigung braucht Genosse Kautsky, um meine ganze Kritik an dem Flugblatt nicht aus sachlichem Interesse an einer Parteiaktion zu erklären, sondern als hämischen, hinterhältigen Angriff auf seine Person. Nun, zu einer solchen Verdächtigung hat Genosse Kautsky wahrhaftig keinen Grund. Mag er mir nachsagen, was er will: Den Mut, um jemand nicht offen, Auge in Auge zu kritisieren oder zu bekämpfen, wird mir Genosse Kautsky schwerlich bestreiten. Ich habe noch nie einen Menschen aus dem Hinterhalt angegriffen und weise die Vermutung des Genossen Kautsky, als hätte ich um ihn als den Verfasser gewußt und ihn, ohne ihn zu nennen, treffen wollen, mit den gebührenden Gefühlen zurück.

Gerade umgekehrt liegt der Fall. Hätte ich entfernt ahnen können, daß Genosse Kautsky der Verfasser ist, so hätte ich mir wohl die ganze Kritik geschenkt. Ich kann mir nicht helfen, ich halte das Flugblatt nach wie vor für sehr schlecht. Aber ich hätte mich wohl gehütet, ohne dringende Not mich in eine Polemik mit einem Genossen zu stürzen, der mit dieser Reizbarkeit, mit dieser Flut persönlicher Heftigkeiten, Bitterkeiten und Verdächtigungen auf eine streng sachliche, wenn noch so scharfe Kritik antwortet, der hinter jedem Wort eine persönliche gehässige Absicht wittert.

Leipziger Volkszeitung,

Nr. 200 vom 30. August 1911.

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