Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 96

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Kultur und deutscher Freiheit gibt, gegen einen schonungslosen und barbarischen Feind.”

Die „Fränkische Tagespost” rief am gleichen Tage:

„Wir wollen nicht, daß die Kosaken, die alle Grenzorte schon besetzt haben, in unser Land hineinrasen und in unsere Städte Verderben tragen. Wir wollen nicht, daß der russische Zar, an dessen Friedensliebe selbst am Tage des Erlasses seines Friedensmanifestes die Sozialdemokratie nicht geglaubt hat, der der ärgste Feind des russischen Volkes ist, gebiete über einen, der deutschen Stammes ist.”

Und die „Königsberger Volkszeitung” vom 3. August schrieb:

„Aber keiner von uns, ob er militärpflichtig ist oder nicht, kann auch nur einen Moment daran zweifeln, daß er, solange der Krieg geführt wird, alles tun muß, um jenes nichtswürdige Zarat von unseren Grenzen fernzuhalten, das, wenn es siegt, Tausende unserer Genossen in die grauenvollen Kerker Rußlands verbannen würde. Unter russischem Zepter gibt es keine Spur von Selbstbestimmungsrecht des Volkes; keine sozialdemokratische Presse ist dort erlaubt; sozialdemokratische Vereine und Versammlungen sind verboten. Und deshalb kommt keinem von uns der Gedanke, es in dieser Stunde darauf ankommen zu lassen, ob Rußland siegt oder nicht, sondern wir alle wollen bei Aufrechterhaltung unserer Gegnerschaft gegen den Krieg zusammenwirken, um uns selbst vor den Greueln jener Schandbuben zu bewahren, die Rußland beherrschen.”

Auf das Verhältnis der deutschen Kultur zum russischen Zarismus, das ein Kapitel für sich in der Haltung der deutschen Sozialdemokratie in diesem Kriege darstellt, werden wir noch näher eingehen. Was jedoch die Annexionsgelüste des Zaren gegenüber dem Deutschen Reich betrifft, so könnte man ebensogut annehmen, Rußland beabsichtigte Europa oder auch den Mond zu annektieren. In dem heutigen Kriege handelt es sich überhaupt um die Existenz nur für zwei Staaten: Belgien und Serbien. Gegen beide wurden die deutschen Kanonen gerichtet unter dem Geschrei, es handle sich um die Existenz Deutschlands. Mit Ritualmordgläubigen ist bekanntlich jede Diskussion ausgeschlossen. Für Leute jedoch, die nicht die Pöbelinstinkte und die auf den Pöbel berechneten großkalibrigen Schlagworte der nationalistischen Hetzpresse, sondern politische Gesichtspunkte zu Rate ziehen, muß es klar sein, daß der russische Zarismus so gut das Ziel der Annexion Deutschlands verfolgen konnte wie der des Mondes. An der Spitze der russischen Politik stehen abgefeimte Schurken, aber keine Irrsinnigen, und die Politik des Absolutismus hat bei aller Eigenart das mit jeder anderen gemein, daß sie sich nicht in der blauen Luft, son-

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