Die Ordnung herrscht in Berlin
„Ordnung herrscht in Warschau!” teilte der Minister Sebastiani im Jahre 1831 in der Pariser Kammer mit, als Suworows Soldateska nach dem furchtbaren Sturm auf die Vorstadt Praga in der polnischen Hauptstadt eingerückt war und ihre Henkerarbeit an den Aufständischen begonnen hatte.
„Ordnung herrscht in Berlin!” verkündet triumphierend die bürgerliche Presse, verkünden Ebert und Noske, verkünden die Offiziere der „siegreichen Truppen”, denen der Berliner kleinbürgerliche Mob in den Straßen mit Tüchern winkt, mit Hurra zujubelt. Der Ruhm und die Ehre der deutschen Waffen sind vor der Weltgeschichte gerettet. Die jämmerlich Geschlagenen von Flandern und den Argonnen haben ihren Ruf wiederhergestellt durch den glänzenden Sieg – über die 300 „Spartakisten” im „Vorwärts”[1]. Die Zeiten des ersten ruhmreichen Eindringens deutscher Truppen in Belgien, die Zeiten Generals von Emmich, des Bezwingers von Lüttich, erblassen vor den Taten der Reinhardt und Gen. in den Straßen Berlins. Niedergemetzelte Parlamentäre, die über die Übergabe des „Vorwärts” verhandeln wollten und von der Regierungs-Soldateska mit Kolben bis zur Unkenntlichkeit zugerichtet wurden, so daß die Rekognoszierung ihrer Leichen unmöglich ist, Gefangene, die an die Wand gestellt und in einer Weise hingemordet werden, daß Schädel und Hirn herumspritzen: Wer denkt da noch angesichts so glorreicher Taten an die schmählichen Nieder-
[1] Am 11. Januar 1919 mußten sich die Arbeiter und Soldaten, die am 5. Januar das „Vorwärts”-Gebäude besetzt hatten (Am 4. Januar 1919 war der Berliner Polizeipräsident Emil Eichhorn, der dem linken Flügel der USPD angehörte, von der sozialdemokratischen Regierung als abgesetzt erklärt worden. Damit sollten die revolutionären Arbeiter und Soldaten Berlins zu unvorbereiteten bewaffneten Kämpfen provoziert werden. Die revolutionären Obleute, die Berliner Leitung der USPD und die Zentrale der KPD riefen gemeinsam die Werktätigen und Soldaten zu Aktionen für die Rücknahme der Absetzung Emil Eichhorns, für die Entwaffnung der Konterrevolution und die Bewaffnung der Arbeiter auf. Hunderttausende demonstrierten am 5. Januar in Berlin, formierten sich in der Siegesallee und marschierten zum Polizeipräsidium.), den zahlenmäßig und technisch überlegenen Regierungstruppen ergeben. Parlamentäre, die die Besatzung zu Übergabeverhandlungen hinausgeschidet hatte, wurden bestialisch mißhandelt und ermordet. Die 300 Revolutionäre, die die Waffen strecken mußten, wurden mit Peitschen und Gewehrkolben mißhandelt; einige wurden erschossen.