Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 51

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Zur Einleitung

2. Januar 1916 Die nachfolgende Darstellung ist im April des vorigen Jahres verfaßt worden. Äußere Umstände verhinderten damals ihre Veröffentlichung.

Ihre nunmehrige Herausgabe ist dem Umstande geschuldet, daß die Arbeiterklasse, je länger der Weltkrieg tobt, um so weniger seine treibenden Kräfte aus den Augen verlieren darf.[1]

Die Schrift erscheint ganz unverändert, um dem Leser die Prüfung zu ermöglichen, wie sicher die historisch-materialistische Methode den Gang der Entwicklung zu erfassen weiß.

Indem sie die Legende des deutschen Verteidigungskrieges kritisch auflöste und die deutsche Beherrschung der Türkei als das eigentliche Ziel eines imperialistischen Angriffskrieges offenbarte, sagte sie voraus, was sich seitdem von Tag zu Tag mehr bestätigt hat und heute, wo der Weltkrieg seinen Schwerpunkt im Orient gefunden hat, vor aller Welt Augen liegt.

I

Die Szene hat gründlich gewechselt. Der Marsch in sechs Wochen nach Paris hat sich zu einem Weltdrama ausgewachsen; die Massenschlächterei ist zum ermüdend eintönigen Tagesgeschäft geworden, ohne die Lösung vorwärts oder rückwärts zu bringen. Die bürgerliche Staatskunst sitzt in der Klemme, im eigenen Eisen gefangen, die Geister, die man rief, kann man nicht mehr bannen.

Vorbei ist der Rausch. Vorbei der patriotische Lärm in den Straßen,

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[1] Diese unter dem Pseudonym Junius verfaßte Schrift Rosa Luxemburgs hatte Franz Pfemfert illegal drucken lessen.