Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 423

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Parteitag der Unabhängigen SP

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Der Strom der revolutionären Periode zieht Menschen, Dinge und Verhältnisse in seinen kritischen Strudel, sichtet sie, prägt sie um und zwingt sie zur Entscheidung. Namen, Programme, Parteiungen müssen sich am Prüfstein der Taten erweisen. Nichts Halbes und Zweideutiges hat Bestand. Wer nicht mit mir ist, ist wider mich, das ist der Grundsatz der Revolution.

Die Unabhängige Sozialdemokratie ist von Hause aus ein Kind der Schwäche, und Kompromiß ist ihres Daseins Wesen. Ihr Lebensfaden begann mit dem Kompromiß Haases, der – ein Gegner der Kreditbewilligung – am 4. August 1914 die denkwürdige Erklärung der sozialdemokratischen Fraktion verlas und seinen Namen an den weltgeschichtlichen Zusammenbruch des deutschen Sozialismus und der Internationale knüpfte.

Ihre weitere Vorgeschichte, das ist die dreimalige Bewilligung der Kriegskredite, also eine Unterstützung der Scheidemann und Genossen in ihrem Verrat an der Arbeiterklasse, zwei Jahre lang durch Tat – im Widerspruch zu dem Wort der eigenen Kritik an der Politik der Mehrheit.

Ihre offizielle Geburt als selbständige Partei ist nicht ein Akt männlichen Entschlusses, klarer Entscheidung aus eigener Initiative, nicht historische Tat gewesen, sondern erzwungenes Resultat des Hinauswurfs durch die Scheidemänner[2], eine Episode erbärmlichen Gezänks um „Parteidisziplin” mit Schändern des sozialistischen Banners.

Dem Ursprung entsprach die Lebensgeschichte der Partei. Sie trottete stets im Hintertreffen der Ereignisse und der Entwicklung, nie schritt sie an ihrer Spitze. Sie hat es nie vermocht, zwischen sich und den Abhän-

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[1] Dieser Artikel ist nicht gezeichnet. Clara Zetkin nennt in ihrer Arbeit „Um Rosa Luxemburgs Stellung zur russischen Revolution” (Hamburg 1922) Rosa Luxemburg als Verfasserin.

[2] Im Reichstag hatten am 24. März 1916 außer Karl Liebknecht und Otto Rühle 18 sozialdemokratische Abgeordnete gegen den Notetat der Regierung gestimmt. In der folgenden Fraktionssitzung wurden die 18 Abgeordneten aus der sozialdemokratischen Fraktion ausgeschlossen. Sie bildeten daraufhin als „Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft” eine eigene Reichstagsfraktion. Karl Liebknecht war schon am 12. Januar 1916 aus der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion ausgeschlossen worden, Otto Rühle aus Solidarität mit Liebknecht am 14. Januar aus der Fraktion ausgetreten. – Auf einer Konferenz der Parteiopposition in Gotha vom 6. bis 8. April 1917 wurde die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands gegründet. Trotz grundsätzlicher Meinungsverschiedenheiten mit der USPD-Führung schloß sich die Gruppe „Internationale” (Spartakusgruppe) der USPD an, wobei sie sich ihre politisch-ideologische Selbständigkeit und eine eigene organisatorische Tätigkeit vorbehielt.