Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 189

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-4/seite/189

Eine Feststellung

Gen. R. Luxemburg schreibt der „Bergischen Arbeiterstimme”:

„Ich ersuche Sie um die Veröffentlichung der nachstehenden Zeilen, die aufzunehmen sich die Redaktion des ,Vorwärts’ geweigert hat. Die Methoden der Rechten der Opposition gegenüber, Andersdenkenden die Kundgebung ihres abweichenden Standpunktes zu verwehren, um den Schein der ,Einigkeit’ nach außen hin künstlich zu erhalten, diese lieblichen Methoden haben sich, wie es scheint, bereits auf die sogenannte Opposition der Mitte vererbt. Die wenigen Zeilen, um die es sich handelt, lauteten: ,Nachdem mir am 31. März im Großberliner Zentralvorstand unmöglich gemacht wurde, einen von mir angekündigten Abänderungsantrag zu der angenommenen Resolution einzubringen, sehe ich mich zu folgender Feststellung veranlaßt. Obwohl die Resolution weder im Ton noch im Inhalt die Konsequenzen aus der geschaffenen Parteilage zieht, stimmte ich für sie nur angesichts des Passus, der die Forderung aussprach, daß die neue ‚Arbeitsgemeinschaft’ sich von allen … Hemmungen frei macht und allein die … zur Richtschnur ihres Handelns macht.[1] Ich erblickte darin den bescheidenen Anfang einer Einsicht, der ich Ermunterung nicht versagen wollte.’ „

Münchener Post, Nr. 86 vom 12. April 1916.

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[1] Der Abschnitt der Resolution des Zentralvorstandes des Verbandes der sozialdemokratischen Wahlvereine Berlins und Umgegend, in der gegen das Verhalten der Opportunisten der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion gegenüber den oppositionellen Mitgliedern protestiert und die Bildung der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft gebilligt wurde, heißt: „Der Zentralvorstand erwartet von der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft, daß sie unbekümmert um Angriffe und sinnlose Verdächtigungen sich energisch frei macht von allen burgfriedlichen Hemmungen und allein die Klasseninteressen des Proletariats Richtschnur ihres Handelns sein läßt.” (Jahresbericht 1914–1916, Berlin 1916, S. 80.) – Im Reichstag hatten am 24. März 1916 außer Karl Liebknecht und Otto Rühle 18 sozialdemokratische Abgeordnete gegen den Notetat der Regierung gestimmt. In der folgenden Fraktionssitzung wurden die 18 Abgeordneten aus der sozialdemokratischen Fraktion ausgeschlossen. Sie bildeten daraufhin als „Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft” eine eigene Reichstagsfraktion. Karl Liebknecht war schon am 12. Januar 1916 aus der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion ausgeschlossen worden, Otto Rühle aus Solidarität mit Liebknecht am 14. Januar aus der Fraktion ausgetreten.