Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 59

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den Beschlüssen ihrer nationalen und der Internationalen Kongresse gegen alle verbrecherischen Umtriebe der herrschenden Klassen zu handeln.”

Als aber im November 1912 der Internationale Kongreß in Basel zusammentrat, als der lange Zug der Arbeitervertreter im Münster anlangte, da ging ein Erschauern vor der Größe der kommenden Schicksalsstunde und ein heroischer Entschluß durch die Brust aller Anwesenden.

Der kühle, skeptische Victor Adler rief:

„Genossen, das wichtigste ist, daß wir hier an dem gemeinsamen Quell unserer Kraft sind, daß wir von hier die Kraft mitnehmen, ein jeder in seinem Lande zu tun, was er kann, durch die Formen und Mittel, die wir haben, mit der ganzen Macht, die wir besitzen, uns entgegenzustemmen dem Verbrechen des Krieges. Und wenn es vollbracht werden sollte; wenn es wirklich vollbracht werden sollte, dann müssen Wir dafür sorgen, daß es ein Stein sei, ein Stein vom Ende.

Das ist die Gesinnung, die die ganze Internationale beseelt …

Und wenn Mord und Brand und Pestilenz durch das zivilisierte Europa ziehen – wir können nur mit Schaudern daran denken, und Empörung und Entrüstung ringt sich aus unserer Brust. Und wir fragen uns: Sind denn die Menschen, sind die Proletarier wirklich heute noch Schafe, daß sie stumm zur Schlachtbank geführt werden können?”[1] [Hervorhebungen – R. L.]

Troelstra sprach im Namen der „kleinen Nationen”, auch in Belgiens Namen:

„Mit Gut und Blut steht das Proletariat der kleinen Länder der Internationale zur Verfügung in allem, was sie beschließen will, um den Krieg fernzuhalten. Wir sprechen weiter die Erwartung aus, daß, wenn einmal die herrschenden Klassen der großen Staaten die Söhne des Proletariats zu den Waffen rufen, um die Habgier und die Herrschsucht ihrer Regierungen zu kühlen in dem Blute und auf dem Boden der kleinen Völker, daß dann die Proletariersöhne unter dem mächtigen Einfluß ihrer proletarischen Eltern, des Klassenkampfes und der proletarischen Presse es sich dreimal überlegen werden, ehe sie im Dienste dieses kulturfeindlichen Unternehmens uns, ihren Brüdern, ihren Freunden, etwas zuleide tun.”[2] [Hervorhebung – R. L.]

Und Jaurès schloß seine Rede, nachdem er im Namen des Internationalen Büros das Manifest gegen den Krieg[3] verlesen hatte:

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[1] Außerordentlicher Internationaler Sozialisten-Kongreß zu Basel am 24. und 25. November 1912, Berlin 1912, S. 18.

[2] Ebenda, S. 33.

[3] Das auf dem Außerordentlichen Internationalen Sozialistenkongreß in Basel vom 24. bis 25. November 1912 angenommene „Manifest der Internationale zur gegenwärtigen Lage” bekräftigte die Beschlüsse der Kongresse von Stuttgart 1907 und Kopenhagen 1910 und forderte das Proletariat auf, alle wirksamen Mittel zur Verhinderung des Krieges einzusetzen und, falls der Krieg dennoch ausbrechen sollte, die durch ihn herbeigeführte Krise auszunutzen und dadurch die Beseitigung der kapitalistischen Herrschaft zu beschleunigen.