Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 433

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der Allgemeinheit, mit Produktionsmitteln wie mit Arbeitskräften verständig gewirtschaftet und gespart werden. Die Vergeudung, wie sie heute auf Schritt und Tritt stattfindet, muß aufhören. So müssen natürlich die gesamten Kriegs- und Munitionsindustrien abgeschafft werden, denn die sozialistische Gesellschaft braucht keine Mordwaff en, und anstatt dessen müssen die darin verwendeten kostbaren Stoffe und Arbeitskräfte für nützliche Produktionen verwendet werden. Ebenso müssen die Luxusindustrien verschwinden, die heute allerlei Firlefanz für die reichen Nichtstuer herstellen, und ebenso die persönliche Dienerschaft. Alle die hier festgelegten Arbeitskräfte werden eine nützlichere und würdigere Beschäftigung finden.

Wenn wir nun auf diese Weise ein Volk von Arbeitenden herstellen, wo alle für alle arbeiten, zum allgemeinen Wohl und Nutzen, dann muß viertens die Arbeit selbst ganz anders gestaltet werden. Heutzutage ist die Arbeit in der Industrie wie in der Landwirtschaft und auch im Kontor oder Büro meist eine Qual und eine Last für die Proletarier. Man geht zur Arbeit, weil man muß, weil man sonst die Mittel zum Leben nicht bekommen würde. In der sozialistischen Gesellschaft, wo alle gemeinsam zum eigenen Wohle arbeiten, muß natürlich bei der Arbeit auf die Gesundheit und die Arbeitslust die größte Rücksicht genommen werden. Kurze Arbeitszeit, die die normale Leistungsfähigkeit nicht übersteigt, gesunde Arbeitsräume, alle Mittel zur Erholung und Abwechslung der Arbeit müssen eingeführt werden, damit jeder mit Lust und Liebe an seinem Teil schafft.

Zu allen diesen großen Reformen gehört aber ein entsprechendes Menschenmaterial. Heute steht hinter dem Arbeiter der Kapitalist mit seiner Peitsche – ob selbst, ob durch seine Werkmeister und Aufseher. Der Hunger treibt den Proletarier in die Fabrik, zum Junker oder Großbauern auf die Arbeit, ins Büro, in das Kontor. Der Unternehmer paßt dann schon auf, daß die Zeit nicht vertrödelt, daß Material nicht vergeudet, daß gute und tüchtige Arbeit geliefert wird.

In der sozialistischen Wirtschaft fällt der Unternehmer mit seiner Peitsche fort. Die Arbeiter sind hier freie und gleiche Menschen, die zu eigenem Wohl und Nutzen arbeiten. Da heißt es eben, von selbst, aus eigenem Antrieb fleißig arbeiten, keine Verschwendung mit dem gesellschaftlichen Reichtum treiben, reellste und pünktlichste Arbeit liefern. Jede sozialistische Unternehmung braucht natürlich ihre technischen Leiter, die die Sache genau verstehen, die das Nötigste anordnen, damit alles klappt, damit die richtigste Arbeitsteilung und die höchste Leistungsfähigkeit er-

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