Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 434

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zielt wird. Da heißt es nun, diesen Anordnungen willig und voll und ganz folgen, Disziplin und Ordnung halten, keine Reibungen, kein Durcheinander herbeiführen.

Mit einem Wort: Der Arbeiter der sozialistischen Wirtschaft muß zeigen, daß er auch ohne die Hungerpeitsche, ohne den Kapitalisten und seinen Antreiber hinter dem Rücken fleißig und ordentlich arbeiten, Disziplin halten und sein Bestes leisten kann. Dazu gehören innere Selbstzucht, geistige Reife, sittlicher Ernst, dazu gehört das Gefühl der Würde und der Verantwortlichkeit, eine ganze innere Wiedergeburt des Proletariers.

Mit faulen, leichtsinnigen, egoistischen, gedankenlosen und gleichgültigen Menschen kann man keinen Sozialismus verwirklichen. Sozialistische Gesellschaft braucht Menschen, von denen jeder an seinem Platz voller Glut und Begeisterung für das allgemeine Wohl ist, voller Opferfreudigkeit und Mitgefühl für seine Mitmenschen, voller Mut und Zähigkeit, um sich an das Schwerste zu wagen.

Wir brauchen aber nicht etwa Jahrhunderte oder Jahrzehnte zu warten, bis ein solches Geschlecht von Menschen heranwachse. Gerade jetzt, im Kampf, in der Revolution lernen die Massen der Proletarier den nötigen Idealismus und erwerben sich früh die geistige Reife. Mut und Ausdauer, innere Klarheit und Opferfreudigkeit brauchen wir ja auch, um die Revolution überhaupt weiter zum Siege zu führen. Indem wir tüchtige Kämpfer der heutigen Revolution werben, schaffen wir künftige sozialistische Arbeiter, wie sie als Grundlage einer neuen Ordnung sein müssen.

Zumal die arbeitende Jugend ist zu diesen großen Aufgaben berufen. Sie wird ja als die künftige Generation ganz sicher schon das wahre Fundament der sozialistischen Wirtschaft bilden. Es ist nun ihre Sache, jetzt schon zu zeigen, daß sie der großen Aufgabe als Trägerin der Zukunft der Menschheit gewachsen ist. Es ist eine ganze alte Welt noch zu stürzen und eine ganze neue aufzubauen. Aber wir schaffen’s, junge Freunde, nicht wahr? Wir schaffen’s! Wie heißt es doch im Lied:

Uns fehlt ja nichts, mein Weib, mein Kind,

als all das, was durch uns gedeiht,

um so frei zu sein, wie die Vögel sind:

nur Zeit!

Die junge Garde (Berlin),
Nr. 2 vom 4. Dezember 1918.

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