Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 432

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-4/seite/432

Heute wird die Produktion in jedem Unternehmen von dem einzelnen Kapitalisten auf eigene Faust geleitet. Was und wie produziert werden soll, wo, wann und wie die hergestellten Waren verkauft werden sollen, bestimmt der Unternehmer. Die Arbeiter kümmern sich um all dies gar nicht, sie sind ja nur lebende Maschinen, die ihre Arbeit zu verrichten haben.

In der sozialistischen Wirtschaft muß dies alles anders werden! Der private Unternehmer verschwindet. Die Produktion hat dann nicht mehr den Zweck, einen einzelnen zu bereichern, sondern der Allgemeinheit Mittel zur Befriedigung aller Bedürfnisse zu liefern. Demgemäß müssen die Fabriken, Werke, die landwirtschaftlichen Betriebe nach völlig neuen Gesichtspunkten umgestaltet werden:

Erstens: Wenn die Produktion den Zweck haben soll, allen ein menschenwürdiges Leben zu sichern, allen reichlich Nahrung, Kleidung und sonstige kulturelle Existenzmittel zu liefern, dann muß die Ergiebigkeit der Arbeit eine viel größere sein als heute. Die Äcker müssen eine viel höhere Ernte liefern, in den Fabriken muß die höchste Technik angewendet werden, von den Kohlen- und Erzgruben müssen nur die allerergiebigsten ausgebeutet werden usw. Daraus folgt, daß die Sozialisierung sich vor allem auf die Großbetriebe in der Industrie und Landwirtschaft erstrecken wird. Dem Kleinbauern und dem Kleinhandwerker, die sich mit eigener Arbeit auf ihrem Stückchen Land oder in ihrer Werkstatt durchschlagen, brauchen und wollen wir ihr bißchen Besitz nicht wegnehmen. Sie alle werden schon mit der Zeit freiwillig zu uns kommen und die Vorzüge des Sozialismus vor dem Privateigentum einsehen lernen.

Zweitens: Damit alle in der Gesellschaft den Wohlstand genießen können, müssen alle arbeiten. Nur wer irgendeine nützliche Arbeit für die Allgemeinheit verrichtet, sei es Handarbeit oder Kopfarbeit, darf beanspruchen, daß auch er Mittel zur Befriedigung seiner Bedürfnisse von der Gesellschaft zugewiesen bekommt. Ein müßiges Leben, wie es jetzt die reichen Ausbeuter meist führen, hört auf. Allgemeine Arbeitspflicht für alle Arbeitsfähigen, wovon natürlich kleine Kinder sowie Greise und Kranke ausgenommen sind, ist in der sozialistischen Wirtschaft eine Selbstverständlichkeit. Für die Arbeitsunfähigen muß die Allgemeinheit ohne weiteres sorgen – nicht wie heute durch kümmerliche Almosen, sondern durch reichliche Verpflegung, gesellschaftliche Erziehung für Kinder, behagliche Versorgung für Alte, öffentliche Gesundheitspflege für Kranke usw.

Drittens muß von denselben Gesichtspunkten aus, das heißt zum Wohl

Nächste Seite »