Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 429

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einmal, daß die deutschen Arbeiter und Soldaten den russischen an allgemeiner Bildung und politischer Schulung turmhoch überlegen sind;

dann, daß das ganze System nicht durchführbar ist, an einer inneren Unmöglichkeit leidet, weil auch des gebildetsten und intelligentesten Volkes Bildung und Intelligenz nicht hinreicht, und all dies führt ihn dann zu einer dritten Feststellung: „Rettung aus diesem Tohuwabohu bringt nur die Konstituierende Nationalversammlung.”[1]

Das eine ist an alledem richtig. Das deutsche Volk hat im Durchschnitt länger die Schule besucht, besser schreiben und besser Kopfrechnen gelernt als das russische. Es hat daneben – eine der Grundlagen für die „politische und parlamentarische Schulung” – ebenfalls länger als das russische Religionsunterricht und patriotischen Geschichtsunterricht genossen und ist dann in der Hochschule „politisch-parlamentarischer Schulung”, bei der deutschen Sozialdemokratie, in die Lehre gegangen. Diese Lehrmeisterin hat es geheißen, den schamlosesten Raubkrieg der Welt für eine Verteidigung gegen einen „schmählichen Überfall” zu halten, die bedrohten Kassenschränke der Kapitalisten für „Haus und Hof”, den Raub von Belgien und Nordfrankreich für „unsere gerechte Sache” und die Ermordung seiner proletarischen Brüder in Finnland, in der Ukraine, in Livland, Estland, in der Krim für einen Kampf um „Ordnung und Regel”.

Der ganze Sinn dieser Revolution ist das wilde Aufbäumen der Massen gegen diese Ergebnisse der „parlamentarischen und politischen Schulung”, der Schule wie der Schulmeister, und schon ist der „Vorwärts” bei der Hand, sie von neuem in die Schule zu nehmen mit der „Konstituierenden Nationalversammlung”.

Gewiß, da kämen sie alle wieder, die „politisch und parlamentarisch geschulten” Herren, die Westarp und die Erzberger, die Stresemann und die Gröber, die Payer und Haußmann, alle die Erben einer durch Jahrhunderte in der Bourgeoisie erworbenen Kunst, das Volk zu betrügen. Und mit ihnen kämen die Scheidemann und die Ebert, David und Lensch, die es jenen abgeguckt haben, wie sie sich räuspern und wie sie spucken. Sie kämen alle miteinander wieder und würden ihr Gewerbe des Volksbetruges fortsetzen, das sie zuletzt in vier Kriegsjahren mit grauenhafter Virtuosität ausübten und das ein Ende fand auf den blutigen Schlachtfeldern in Frankreich und in der ersten Massentat der deutschen Arbeiter und Soldaten.

Mit dem Streich, den der „Vorwärts” hier geliefert hat, stellt er sich

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[1] Ebenda.