dächtig den Zutritt in die Wolga versperrten, sandte aber den Quarantänegefangenen weder Brot noch Trinkwasser. Mehr als 400 Dampfschiffe und Barken wurden auf diese Weise abgesperrt, 10 000 Menschen, Gesunde und Kranke, zusammen dem Untergang durch Pest, Hunger und Durst geweiht. Endlich kam gen Astrachan ein Schiff die Wolga herunter als Sendbote der obrigkeitlichen Fürsorge, die Blicke der Verschmachtenden richteten sich voller Hoffnung auf das rettende Schiff. Es brachte Särge. –
Da brach das Gewitter des Volkszorns los. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde von der Absperrung und dem Martyrium der Quarantänegefangenen im Kaspi die Wolga hinauf, ihr folgte der Verzweiflungsruf, die Obrigkeit verbreite absichtlich die Pest, um das Volk zu dezimieren. Als erste Opfer der „Cholerarevolten” fielen die Sanitäter, Männer und Frauen der Intelligenz, die mit Selbstaufopferung und Heroismus herbeigeeilt waren, um in den Dörfern Baracken zu errichten, Kranke zu pflegen, Maßnahmen zur Rettung Gesunder zu treffen. Baracken gingen in Flammen auf, Ärzte und Krankenschwestern wurden erschlagen. Darauf folgten die üblichen Strafexpeditionen, Blutvergießen, Kriegsgerichte und Hinrichtungen. In Saratow allein gab es 20 Todesurteile. Die herrliche Wolgagegend verwandelte sich wieder einmal in ein Dantesches Inferno.
Nur eine hohe moralische Autorität und ein tiefes Verständnis für die Nöte und die Psyche der Bauern vermochten in dieses blutige Wirrsal Licht und Sinn zu bringen, und zu dieser Rolle eignete sich in Rußland – außer Tolstoi – niemand als Korolenko. Einer der ersten war er auf dem Posten, nagelte die wahren Schuldigen des Aufstands, die absolutistische Administration, an den Schandpfahl und vermachte wieder der Öffentlichkeit ein erschütterndes Denkmal von gleichem historischem wie künstlerischem Wert: den Aufsatz „Die Cholera-Quarantäne”.
Im alten Rußland war die Todesstrafe für gemeine Verbrechen längst abgeschafft. Die Hinrichtung war in normalen Zeiten eine Auszeichnung, uie für politische Verbrechen vorbehalten war. Besonders seit dem Aufleben der terroristischen Bewegung Ende der 70er Jahre kam die Todesstrafe in Schwung, und nach dem Attentat auf Alexander II. scheute die zaristische Regierung sogar nicht davor zurück, Frauen dem Galgen zu überantworten, so die berühmte Sophie Perowskaja und Hessa Helfmann. Immerhin blieben die Hinrichtungen damals und noch später Ausnahmefälle, bei denen jedesmal die Gesellschaft erbebte. Als in den 80er Jahren vier Soldaten des „Strafbataillons” hingerichtet wurden zur Strafe für die