Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 177

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ges unbarmherzig Kritik zu üben, die Gesamtlage zu beleuchten und alle Hauptprobleme der Weltkrise aufzuwerfen? Da versagten wieder die Ledebour und Haase mit Genossen völlig. Auf ihre scheinbare Kampfansage und Frontänderung am 21. Dezember folgte knapp vier Wochen später ein klägliches Fiasko. Ein kleinliches Herumreden an lauter äußeren Lappalien, wie es in dem grauen Alltag der parlamentarischen Tretmühle in Friedenszeiten üblich war, das war alles, wozu sich diese Oppositionsführer bei der Militärfrage aufgeschwungen haben. Das ist, Genossen und Genossinnen, die sogenannte Opposition, wie sie die Ledebour, Haase und ihre Freunde verstehen. Keine Spur von Konsequenz, von Tatkraft, von Schneid, von grundsätzlicher Schärfe, nichts als Halbheiten, Schwächlichkeiten und Illusionen. Aber wir haben wahrhaftig genug an Halbheiten, Schwächlichkeiten und Illusionen erlebt, und wir wissen, wohin sie uns gebracht haben.

Kein Mensch wird den guten Willen eines Ledebour, eines Haase, eines Adolph Hoffmann bezweifeln. Aber mit guten Absichten allein ist auch der Weg zur Hölle gepflastert. Was wir jetzt brauchen, ist Kraft, Konsequenz und Schärfe, ach, nur ein wenig von jener Kraft, Konsequenz und Schärfe, mit denen unsere Feinde, die herrschenden Klassen, uns knebeln und ins Joch des bluttriefenden Imperialismus zwingen. Ganze Männer, unerschrockene, schroffe Kämpfer, das ist es, was wir brauchen, nicht Schaukelpolitiker, nicht Schwächlinge, nicht zaghafte Rechnungsträger.

Und daß jene sogenannte Opposition diesen Anforderungen nicht entspricht, das beweist endlich am besten das Flugblatt, das die Genossen Ledebour und Adolph Hoffmann gerade jetzt herausgegeben haben.

Dort wird eine scharfe und ablehnende Kritik geübt an den Leitsätzen, die eine Anzahl Genossen aus verschiedenen Orten Deutschlands als die Richtschnur ihrer Auffassung und ihrer Aufgaben im gegenwärtigen historischen Moment angenommen haben. Wir führen sie hier zum Schluß im ganzen Umfange an, damit jeder Genosse sie selbst beurteilen kann.[1] Diese Leitsätze sind nichts anderes als die offene, ehrliche und unumwundene Formulierung der Tatsachen und Vorgänge, wie sie der Weltkrieg in der Arbeiterbewegung zutage gefördert hat, sie sind ferner die konsequente und entschlossene Anwendung unserer alten Parteigrundsätze auf die heutige Situation und die Aufgaben, die sich für uns alle ergeben, wenn wir mit dem Internationalen Sozialismus endlich einmal Ernst machen wollen.

Und nun gerade gegen diese Tendenz der Leitsätze wenden sich Ledebour und Hoffmann mit ihrem entschiedenen Veto! Es sei ungehörig, die

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[1] Zu den Leitsätzen über die Aufgaben der internationalen Sozialdemokratie siehe Rosa Luxemburg: Entwurf zu den Junius-Thesen. In: GW, Bd. 4, S. 43–47.