Kriege vollauf auf ihre Rechnung, ausgenommen den einzigen Fall: wenn das Internationale Proletariat durch seine revolutionäre Intervention einen dicken Strich durch jene Rechnung macht.
Die wichtigste Lehre für die Politik des Proletariats aus dem heutigen Kriege ist deshalb die unerschütterliche Tatsache, daß es sich weder in Deutschland noch in Frankreich, weder in England noch in Rußland zum kritiklosen Echo der Losung Sieg oder Niederlage machen darf, einer Losung, die einzig vom Standpunkte des Imperialismus realen Gehalt hat und für jeden Großstaat mit der Frage Erwerb oder Verlust der weltpolitischen Machtstellung, der Annexionen, Kolonien und der militärischen Vorherrschaft identisch ist. Für das europäische Proletariat im ganzen sind heute von seinem Klassenstandpunkt Sieg und Niederlage jedes der kriegführenden Lager gleich verhängnisvoll. Es ist eben der Krieg als solcher und bei jedem militärischen Ausgang, der die denkbar größte Niederlage für das europäische Proletariat bedeutet, es ist die Niederkämpfung des Krieges und die schleunigste Erzwingung des Friedens durch die Internationale Kampfaktion des Proletariats, die den einzigen Sieg für die proletarische Sache bringen kann. Und dieser Sieg allein kann zugleich wirkliche Rettung Belgiens wie der Demokratie in Europa bewirken.
In dem heutigen Kriege kann das klassenbewußte Proletariat mit keinem militärischen Lager seine Sache identifizieren. Folgt etwa daraus, daß die proletarische Politik heute das Festhalten am Status quo erfordert, daß wir kein anderes Aktionsprogramm haben als den Wunsch, alles soll beim alten bleiben, wie es vor dem Kriege war? Aber der bestehende Zustand ist nie unser Ideal, er ist nie der Ausdruck der Selbstbestimmung der Völker gewesen. Noch mehr: Der frühere Zustand läßt sich gar nicht mehr retten, er existiert nicht mehr, selbst wenn die bisherigen Staatsgrenzen bestehen blieben. Der Krieg hat schon vor der formalen Liquidation seiner Ergebnisse eine gewaltige Vermischung der Machtverhältnisse, der gegenseitigen Kräfteeinschätzung, der Bündnisse und der Gegensätze gebracht, er hat die Beziehungen der Staaten zueinander und der Klassen innerhalb der Gesellschaft einer so scharfen Revision unterzogen, so viel alte Illusionen und Potenzen vernichtet, so viel neuen Drang und neue Aufgaben geschaffen, daß die Rückkehr zum alten Europa, wie es vor dem 4. August 1914 war, ganz so ausgeschlossen ist wie die Rückkehr zu vorrevolutionären Verhältnissen auch nach einer niedergeschlagenen Revolution. Die Politik des Proletariats kennt auch nie ein „Zurück”, sie kann nur vorwärtsstreben, sie muß immer über das Bestehende und das Neugeschaffene hinausgehen. In diesem Sinne allein vermag sie beiden La-