Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 521

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Beruf, die ja jetzt als die Linke der USP gar kein Organ besitzen, warum ließen sie die Massen im Stich? War es etwa dringenderes Geschäft, zu „beraten”, anstatt zu taten?

  1. . Wenn die Massen das Wolffsche Telegraphenbüro besetzen, dann ist es nächste Pflicht der revolutionären Organe der Arbeiterschaft, sich des Telegraphenbüros für die Sache der Revolution zu bedienen, der Öffentlichkeit, den Massen der Genossen im Reich Nachricht zu geben über Dinge, die in Berlin vorgehen, sie über die Situation zu orientieren. Nur auf diese Weise kann geistiger Zusammenhang zwischen der Berliner Arbeiterschaft und der revolutionären Bewegung im ganzen Reiche hergestellt werden, ohne den die Revolution weder hier noch dort siegen kann.

  2. . Wenn man gegen die Ebert-Scheidemannsche Regierung im schärfsten Kampfe steht, knüpft man nicht zugleich „Verhandlungen” mit dieser selben Regierung an. Mögen die Haase-Leute: Oskar Cohn, die Zietz, Kautsky, Breitscheid und wie alle die schwankenden Gestalten heißen, jede Gelegenheit ergreifen, um mit den Ebert-Leuten, von denen sie sich schworen Herzens getrennt haben, schleunigst wieder Fäden anzuknüpfen. Die revolutionären Obleute ihrerseits, sie, die mit den Massen Fühlung haben, wissen sehr wohl, daß Ebert–Scheidemann Todfeinde der Revolution sind. Führt man mit einem Todfeind Verhandlungen? Diese Verhandlungen können ja nur zu zweierlei führen: entweder zu einem Kompromiß oder – was sicherer – bloß zu einer Verschleppung, die von den Ebert-Leuten ausgenutzt wird, um die brutalsten Gewaltmaßnahmen vorzubereiten.

  3. . Wenn die Massen auf die Straße gerufen werden, um in Alarmbereitschaft zu sein, dann muß ihnen klar und deutlich gesagt werden, was sie zu tun haben, oder mindestens, was vorgeht, was von Freund und Feind getan und geplant wird. In Zeiten der revolutionären Krise gehören die Massen selbstverständlich auf die Straße. Sie sind der einzige Hort, die einzige Sicherheit der Revolution. Wenn die Revolution in Gefahr ist – und das ist sie jetzt in höchstem Maße! –, dann ist es Pflicht der proletarischen Massen, dort auf der Wacht zu sein, wo ihre Macht zum Ausdruck kommt: auf der Straße! Schon ihre Anwesenheit, ihr Kontakt miteinander ist eine Drohung und eine Warnung an alle offenen und versteckten Feinde der Revolution: Hütet euch!

Aber die Massen müssen eben nicht bloß gerufen, sondern auch politisch tätig sein. Sie müssen über alles, was getan und gelassen wird, zur Entscheidung gerufen werden. Haben die revolutionären Obleute, hat der Zentralvorstand der USP Groß-Berlins nicht für nötig gehalten, mit dem Entschluß, sich in „Verhandlungen” mit Ebert–Scheidemann einzulassen,

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