Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 501

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merklich geschwunden ist –, sich gezwungen sehen, eine immer gewaltsamere konterrevolutionäre Politik zu treiben. Aus diesen Forderungen der süddeutschen Staaten, die heute in den Blättern von Berlin veröffentlicht sind, spricht deutlich der Wunsch heraus, eine, wie es heißt, verstärkte Sicherheit des Deutschen Reiches herbeizuführen, auf gut deutsch heißt das: den Belagerungszustand gegen die „anarchistischen”, „putschistischen”, „bolschewistischen”, also sozialistischen Elemente durchzusetzen. Ebert–Scheidemann werden durch die Verhältnisse dahin gestoßen, zur Diktatur mit oder ohne Belagerungszustand zu greifen. Daraus ergibt sich aber, daß wir gerade durch die bisherige Entwicklung, durch die Logik der Ereignisse selbst und durch das Gewaltsame, das über den Ebert–Scheidemann lastet, dazu kommen werden, in der zweiten Phase der Revolution eine viel verschärftere Auseinandersetzung, viel heftigere Klassenkämpfe zu erleben („Sehr richtig?”), als das vorhin der Fall war; eine viel schärfere Auseinandersetzung nicht bloß deshalb, weil die politischen Momente, die ich bisher aufgezählt habe, dahin führen, ohne Illusionen, Brust an Brust, Auge in Auge den Kampf zwischen der Revolution und der Konterrevolution aufzunehmen, sondern deshalb, weil ein neues Feuer, eine neue Flamme immer mehr aus der Tiefe in das Ganze hineingreift, und das sind die wirtschaftlichen Kämpfe.

Parteigenossen, es ist sehr charakteristisch für die erste Periode der Revolution, man kann sagen, bis zum 24. Dezember, die ich geschildert habe, daß sie – wir müssen uns das mit vollem Bewußtsein klarmachen – eine noch ausschließlich politische Revolution war; und darin liegt das Anfängliche, das Unzulängliche, das Halbe und Bewußtlose dieser Revolution. Das war das erste Stadium einer Umwälzung, deren Hauptaufgaben auf ökonomischem Gebiet liegen: Umschwung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Sie war unbefangen, bewußtlos wie ein Kind, das hinaustappt, ohne zu wissen, wohin, sie hatte noch, wie gesagt, einen rein politischen Charakter. Erst in den letzten Wochen haben ganz spontan die Streiks angefangen sich bemerkbar zu machen. Wir wollen es nunmehr aussprechen: Es liegt gerade in dem ganzen Wesen dieser Revolution, daß die Streiks sich mehr und mehr auswachsen, daß sie immer mehr zum Mittelpunkt, zur Hauptsache der Revolution werden müssen. („Sehr richtig!”) Das ist dann eine ökonomische Revolution, und damit wird sie eine sozialistische Revolution. Der Kampf um den Sozialismus kann aber nur durch die Massen, unmittelbar Brust an Brust mit dem Kapitalismus ausgefochten werden, in jedem Betriebe, von jedem Proletarier gegen seinen Unternehmer. Nur dann wird es eine sozialistische Revolution sein.

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