Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 470

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worren er war, er hat zwischen dem Gestern und dem Heute einen Abgrund gegraben, über den es keine Brücke mehr gibt. Wie eine kleine Schneeflocke genügt, um gigantische Lawinen ins Rutschen zu bringen und Felsen, Täler, Dörfer unter ihnen zu begraben, so hat der schwache Anstoß des 9. November genügt, um das Gleichgewicht der Klassenverhältnisse in Deutschland auszurenken und ein allgemeines Schwanken und Beben ihrer Grundfesten herbeizuführen.

Dieser Prozeß der Erschütterung und des Umsturzes der bürgerlichen Klassenherrschaft kann keinen anderen Ausweg finden als den Triumph der sozialen Revolution, weil aus dem Bankrott des Imperialismus kein Ausweg, keine Rettung mehr übrigbleibt denn im Sozialismus.

Jeder Tag verschärft die Situation, jeder Tag meißelt das weltgeschichtliche Dilemma schroffer, unerbittlicher heraus.

Die zurückflutende Masse der Soldaten verwandelt sich allmählich in Arbeitermasse, zieht die Livree des Imperialismus aus und den Proletarierkittel an. Damit berühren die Soldaten wieder den Mutterboden, in dem ihr Klassenbewußtsein wurzelt, und die Fäden, die sie vorübergehend an die herrschenden Klassen knüpften, zerreißen.

Zugleich steigen die Riesenprobleme der Arbeitslosigkeit, der wirtschaftlichen Kämpfe zwischen Kapital und Arbeit, des finanziellen Staatsbankrotts auf. Die innere Auflösung der kapitalistischen Wirtschaft zeigt ihren Medusenkopf. Hier in dem wirtschaftlichen Gegensatz ist die heiße Esse, aus der mit jedem Tage neue Gluten des Klassenkampfes emporlodern werden.

Und damit ist gegeben, daß die revolutionäre Spannung, daß das revolutionäre Bewußtsein der Masse mit jedem Tage akuter und schärfer wird. Gerade der Rätekongreß hat durch den schroffen, unvermittelten Gegensatz, in den er sich zu der Situation und Stimmung der Massen gesetzt, selbst zu ihrer Klärung und Schulung sein Bestes getan. In den wenigen Tagen seiner Beratungen hat er dem Proletariat wie der Soldatenmasse den Kampf aufs Messer gegen die Regierung der Gegenrevolution als unausweichliche Lebensfrage vordemonstriert.

Nur Unklarheiten, Halbheiten, nur Schleier und Nebel sind der Sache der Revolution gefährlich. Jede Klarheit, jede Enthüllung ist Öl ins Feuer der Revolution.

Der Rätekongreß hat in den wenigen Tagen eine so gründliche, ganze Arbeit geleistet, so alle schleppenden Schleier von dem Kern der Gegenrevolution hinweggezogen, daß seine Tagung wie eine Sprengmine die Gewissen der proletarischen Massen aufrütteln muß.

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