Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 469

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und Schliche gegeben, so waren es eben notorische Zettelungen, Ränke und Schliche der Gegenrevolution, der Royalisten, Aristokraten, reaktionären Militärs. Es waren stets Anhänger des gestürzten oder bedrohten Systems, die im Namen und zur Rettung dieses Systems gegenrevolutionäre Maßnahmen ergriffen. Es genügte, die kompromittierten Schilder und Wappen aus dem Dunkel ans Licht zu zerren, damit die Volksmenge mit lautem Hallo die alten Vogelscheuchen zerpflückte.

In der heutigen Revolution treten die Schutztruppen der alten Ordnung nicht unter eigenen Schildern und Wappen der herrschenden Klassen, sondern unter der Fahne einer „sozialdemokratischen Partei” in die Schranken. Würden die Ebert–Haase ehrlich und offen Heydebrand, Gröber, Fuhrmann heißen – nicht einer unter den A.- u. S.-Delegierten hätte ihnen zu folgen gewagt. Würde die Kardinalfrage der Revolution offen und ehrlich Kapitalismus oder Sozialismus lauten, ein Zweifeln, ein Schwanken wäre in der großen Masse des Proletariats heute unmöglich.

Allein so einfach, so bequem macht es uns die Geschichte nicht. Die bürgerliche Klassenherrschaft kämpft heute ihren letzten weltgeschichtlichen Kampf unter fremder Flagge, unter der Flagge der Revolution selbst. Es ist eine sozialistische Partei, es ist das ureigenste Geschöpf der Arbeiterbewegung und des Klassenkampfes, das sich in das wuchtigste Instrument der bürgerlichen Gegenrevolution verwandelt hat. Kern, Tendenz, Politik, Psychologie, Methoden – alles ist gut kapitalistisch. Nur Schilder, Apparat und Phraseologie sind vom Sozialismus übriggeblieben. Und doch genügen Schilder, Apparat und Phraseologie, um breite Massen über Kern und Inhalt der Politik zu täuschen, um einen Delegiertenrat des revolutionären Proletariats zum Mameluckentrupp der Gegenrevolution zu degradieren I

Das ist die Schule der deutschen Sozialdemokratie, das ist die Quittung über die letzten 25 Jahre ihrer Tätigkeit. Der Geist des 4. August 1914 herrschte über dem Sitzungssaal des Rätekongresses; das alte vorrevolutionäre Deutschland der Hohenzollern, der Hindenburg und Ludendorff, des Belagerungszustandes und der Henkerarbeit in Finnland, Baltenland und der Ukraine war noch intakt im Saal des Abgeordnetenhauses – trotz Zusammenbruch auf den Schlachtfeldern Frankreichs und trotz 9. November!

Und doch: Jenes Deutschland besteht nicht mehr. Es ist das wunderbare Geheimnis aller innerlich herangereif ten, geschichtlich notwendigen sozialen Umwälzungen, daß ein Tag Revolution das Antlitz der Gesellschaft verändert, das Alte zur Vergangenheit für ewige Zeiten macht.

Der Ausbruch des 9. November, so schwach, so unzulänglich, so ver-

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