Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 453

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ist mit allen diesen Mittelchen nicht zu fassen und nicht zu vernichten. Sie ist im Wachsen und wird erst jetzt so eigentlich das, was sie ist: die proletarische Revolution. Die Streiks gehen wie Flugfeuer über das Land. Gestern in Oberschlesien, heute in Berlin, morgen in Rheinland-Westfalen, in Stuttgart, in Hamburg, stehen sie auf, die Proletarier; sie brechen alle Ketten, die Regierung, Partei und Gewerkschaft um sie geschmiedet, sie treten Aug in Auge ihrem Feinde gegenüber, dem Kapitalismus. Der „demokratische” Flitter, der manchem Auchsozialisten die ersten Tage der Revolution so köstlich gemacht, er ist hinweg, und aufsteht die Revolution in nackter Riesengestalt und zeigt die Muskeln, die die alte Welt zerbrechen, die neue formen sollen.

Hier sind die Kräfte, auf die die versammelten Zentralräte sich stützen können, denen sie der willige Diener und der lebendige Führer zugleich sein müssen. Hier ist der Quell, aus dem allein ihnen Stärke und Leben fließen kann.

Die Revolution wird leben ohne die Räte, die Räte ohne die Revolu,tion sind tot.

Vieles ist versäumt. Unklar und zaghaft oft sind die Räte ihren Weg gegangen, befangen von überkommenen Parteiformeln, den Blick künstlich verengt durch Schlagworte und Phrasen, die sie über die Bedeutung ihrer Rolle in den Geschehnissen, die sie über die Gewalt der Geschehnisse selbst hinwegtäuschen sollen.

Vier dringendste Maßnahmen sind es, mit deren Erfüllung der Zentralrat das Versäumte nachholen kann und sich den Platz sichern, der ihm gebührt:

  1. . Er muß das Nest der Gegenrevolution, er muß die Stelle, an der alle Fäden der gegenrevolutionären Verschwörung zusammenlaufen, er muß das Kabinett Ebert–Scheidemann–Haase beseitigen.

  2. . Er muß die Entwaffnung aller Fronttruppen fordern, die nicht die höchste Gewalt der Arbeiter- und Soldatenräte bedingungslos anerkennen und zur persönlichen Leibgarde des Kabinetts Ebert-Haase werden.

  3. . Er muß die Entwaffnung aller Offiziere und der von der Regierung Ebert-Haase gebildeten Weißen Garde fordern und die Rote Garde schaffen.

  4. . Er muß die Nationalversammlung als ein Attentat auf die Revolution und die A.- und S.-Räte ablehnen.

Noch können sich die A.- und S.-Räte, indem sie diese vier Maßnahmen unmittelbar zur Tat werden lassen, an die Spitze der Revolution setzen: Das Proletariat ist willig, sich von ihnen führen zu lassen, wenn

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