Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 373

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Worauf es ankommt, ist, das eigentliche Problem dieser Periode zu begreifen. Dieses Problem heißt: die Diktatur des Proletariats, Verwirklichung des Sozialismus. Die Schwierigkeiten der Aufgabe liegen nicht in der Stärke des Gegners, der Widerstände der bürgerlichen Gesellschaft. Ihre Ultima ratio: das Heer, ist durch den Krieg zur Niederhaltung des Proletariats unbrauchbar, selbst revolutionär geworden. Ihre materielle Daseinsbasis: die Erhaltung der Gesellschaft, ist durch den Krieg zerrüttet. Ihre moralische Daseinsbasis: die Tradition, der Schlendrian, die Autorität, sind in alle Winde verweht. Das ganze Gefüge aufgelockert, flüssig und beweglich geworden. Die Bedingungen des Kampfes um die Macht sind so günstig wie noch für keine aufstrebende Klasse in der Weltgeschichte. Sie kann wie eine reife Frucht dem Proletariat in den Schoß fallen. Die Schwierigkeit liegt im Proletariat selbst, in seiner Unreife, vielmehr in der Unreife reiner Führer, der sozialistischen Parteien. Die Arbeiterklasse sträubt sich, sie schreckt immer wieder vor der unbestimmten Ungeheuerlichkeit ihrer Aufgabe zurück. Aber sie muß, sie muß. Die Geschichte schneidet ihr alle Ausflüchte ab – um aus Nacht und Graus die geschundene Menschheit ins Licht der Befreiung zu führen.[1]

SAPMO-BA, NY 4002/15.

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[1] Letzter Satz unleserlich.