Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 32

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aus der Besinnung auf die eigene Macht des Proletariats, jene Macht, die am 4. August wie ein schwankes Rohr, vom Sturm gepeitscht, knickte, die aber, zu ihrer wahren Größe aufgerichtet, geschichtlich berufen ist, tausendjährige Eichen des sozialen Unrechts zu brechen und Berge zu versetzen. Der Weg zu dieser Macht – nicht papierne Resolutionen – ist zugleich der Weg zum Frieden und zum Wiederaufbau der Internationale.[1]

Der Aufsatz der Genossin Luxemburg ist schon im Anfang des Februar verfaßt worden. Da sie seit ihrer Inhaftierung nichts mehr daran ändern kann, halte ich mich zu der tatsächlichen Bemerkung verpflichtet, daß Kautsky seitdem bestritten hat, für die Kriegskredite plädiert zu haben. In einer Polemik sagt er selbst über seine damalige Stellung: „Ich glaubte, die Schwierigkeiten der Situation ließen sich am ehesten vermeiden durch Stimmenthaltung. Da diesem Wege weder die Mehrheit noch die Minderheit zustimmte, erschien es mir zum mindesten erwägenswert, die Entscheidung von der Gewährung von Garantien abhängig zu machen.” Dazu bemerkt das „Hamburger Echo”, von dem ein oder gar zwei Redakteure der Reichstagsfraktion angehören: „Durchaus zuverlässige Parteigenossen, sichere Beobachter, sagen übrigens: Kautsky hat bei den offiziellen Besprechungen, zu denen er hinzugezogen war, gar keine Stimmenthaltung ernsthaft empfohlen. Hat er’s getan, so vielleicht in einer Kaffeerunde der Unverantwortlichen.” Darauf ist keine Antwort mehr erfolgt. Siehe Nr. 50 des „Hamburger Ethos” vom 28. Februar d. J.

Ferner ist zu ergänzen, daß Genosse Hoch am 20. März zu der Fraktionsminderheit gehörte, die vor der Abstimmung den Reichstagssaal verließ, da er nicht den Etat und auch nicht zehn, sondern nur fünf Milliarden neuer Kriegskredite bewilligen wollte.

Franz] M[ehring]

Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv, Berlin (SAPMO-BA), NY 4002/19.

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[1] Bei der Veröffentlichung der Artikel, in der Zeitschrift „Die Internationale” 1915 fügte Franz Mehring die hier im Kleindruck wiedergegebene Bemerkung an.