Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 296

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einanderfallenden Bewegungen der Einzelkapitale knüpft, wie diese Bewegung des Ganzen durch fortwährende Abschweifungen, bald in den Überfluß der Hochkonjunktur, bald in den Zusammenbruch der Krise, doch immer wieder in das richtige Verhältnis eingerenkt wird, um im nächsten Augenblicke wieder aus ihm herauszufallen, wie aus alledem das, was der heutigen Gesellschaft nur Mittel: ihre eigene Ernährung nebst dem ökonomischen Fortschritt, und das, was ihr Zweck ist: die fortschreitende Kapitalansammlung, in immer gewaltigeren Dimensionen hervorgeht, das hat Marx im zweiten Bande seines Werkes zwar nicht endgültig aufgelöst, aber zum ersten Male seit hundert Jahren, seit Adam Smith, auf die feste Grundlage der Gesetzmäßigkeit gestellt.

Aber mit alledem ist die dornenvolle Aufgabe des Kapitalisten noch nicht erschöpft. Denn nun kommt, nachdem und indem der Profit in steigendem Maße zu Golde geworden ist und wird, die große Frage, wie die Beute verteilt werden soll. Gar verschiedene Gruppen melden da ihre Ansprüche an: neben dem Unternehmer der Kaufmann, der Leihkapitalist, der Grundbesitzer. Sie alle haben die Ausbeutung des Lohnarbeiters wie den Verkauf der von ihm hergestellten Waren, jeder an seinem Teil, ermöglicht und fordern nun ihren Teil am Profit. Diese Verteilung ist aber eine viel verzwicktere Aufgabe, als auf den ersten Blick erscheinen mag. Denn auch unter den Unternehmern gibt es, je nach der Art des Unternehmens, große Unterschiede im erzielten Profit, wie er sozusagen frisch aus der Werkstatt der Arbeit geschöpft wird.

In einem Produktionszweig wird die Herstellung der Waren und ihr Verkauf sehr schnell erledigt, und das Kapital kehrt nebst Zuwachs in kürzester Zeit zurück; es läßt sich damit flott immer wieder Geschäft und Profit machen. In einem anderen Zweig ist das Kapital in der Produktion jahrelang festgeklemmt und bringt erst nach langer Zeit Profit ein. In gewissen Zweigen muß der Unternehmer den größten Teil seines Kapitals in tote Produktionsmittel: Baulichkeiten, kostspielige Maschinen usw„ stecken, die ja an sich nichts einbringen, keinen Profit hecken, sosehr sie zur Profitmacherei notwendig sind. In anderen Zweigen kann der Unternehmer bei ganz geringen Auslagen sein Kapital hauptsächlich für Anwerbung von Arbeitern verwenden, deren jeder das fleißige Huhn ist, das ihm goldene Eier legt.

So entstehen in der Profitmacherei selbst große Unterschiede zwischen den Einzelkapitalen, die vor dem Antlitz der bürgerlichen Gesellschaft eine viel schreiendere „Ungerechtigkeit” darstellen als die eigenartige „Teilung” zwischen dem Kapitalisten und dem Arbeiter. Wie nun hier

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