Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 167

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waren vom Gedanken des Krieges so gebrochen. Adler: Kinder, wir können nichts machen. Haase forderte von den Franzosen, daß auf dem kommenden Kongreß die französischen Forderungen nicht auf die Tagesordnung kommen. Es war eine schmachvolle Stunde. Keine Massenaktion. Das ist die Souveränität der Parteien, die L[edebour] und H[offmann] retten wollen. Es gilt, aus diesen Fäden Stricke zu machen. Die Internationale lebt nicht dort, wo ein Dutzend Vertreter zusammenkommen, sondern in den Massen muß sie leben. Nimmermehr’werden wir gegeneinander das Mordeisen heben. Die Internationale ist nicht bloß an den Führern zusammengebrochen, sondern auch eine Schmach der Massen. Die ganze Polemik zeigt, daß wirklich an diesen …[1] Hopfen und Malz verloren ist. Was wollen sie noch für Engelszungen brauchen, wenn man bis jetzt nicht eingesehen hat, was der springende Punkt ist? Wir wollen gar nicht die ganze Komödie wiederholen. Heute ist sie eben tot. Demagogisches Mittel: Wir wollen etwas Neues. Etwas Neues dürfen die Sozialdemokraten nicht wollen. Wir brauchen aber etwas Neues, weil das Alte nicht mehr existiert …[2] Also, wir wollen eine neue Internationale, die nicht mehr Phrase ist, sondern das Alte soll Grundsatz werden.

Wie sollen wir uns stellen zur Internationalen Konferenz der neuen Internationale? Der Wiederaufbau der Internationale ist ein kolossal wichtiges Problem, an das von sehr verschiedenen Seiten herangegangen werden kann. Altes wieder beleben. Wir glauben, daß sie auf dem alten Weg nicht zusammengeleimt werden kann. Wir glauben, daß sie nur so errichtet werden kann, daß die Massen den Klassenkampf wieder aufnehmen können. Wenn die Massen gegen den Krieg kämpfen, dann kann die Internationale wieder leben. Durch die Tat muß die Internationale geboren werden. Ihr Wiederaufbau kann nicht gelingen, wenn in Deutschland und anderen Ländern nicht der Geist da ist. Das Kleid wird sich dann schon sehr schnell finden.

Wie stehen wir gegenüber Zimmerwald?[3] Wir halten es nicht für einen wirksamen Weg, daß ein paar Vertreter in einer [Gast]stätte zusammen-

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[1] Punkte in der Quelle.

[2] Punkte in der Quelle.

[3] Vom 5. bis 8. September 1915 hatte in Zimmerwald (Schweiz) die erste Internationale Sozialistische Konferenz der oppositionellen Antikriegskräfte der zusammengebrochenen II. Internationale stattgefunden. Von den 38 Delegierten aus 12 Ländern kamen zehn Teilnehmer aus Deutschland, davon vertraten u. a. Berta Thalheimer und Ernst Meyer die Gruppe „Internationale” und Georg Ledebour sowie Adolph Hoffmann die spätere linke USPD. Unter der Führung W. I. Lenins und der Bolschewiki hatten sich die revolutionären Marxisten zur Zimmerwalder Linken zusammengeschlossen, die als organisierte Gruppe auftrat, eine eigene Taktik entwickelte und einen von Lenin verfaßten Entwurf einer Prinzipienerklärung zur revolutionären Beendigung des Krieges vorlegte. Dieser Entwurf wurde jedoch abgelehnt und ein Manifest gegen den Krieg einstimmig angenommen.