Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 145

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doktrinär-utopischen Schrulle machten, die kein Mensch mehr ernst nehmen wird.[1]

Anders verstanden die Vaterlandsverteidigung die Meister des Internationalen Proletariats. Als das Proletariat in dem von Preußen belagerten Paris 1871 das Heft in die Hände nahm, schrieb Marx begeistert über seine Aktion:

„Paris, der Mittelpunkt und Sitz der alten Regierungsmacht und gleichzeitig der gesellschaftliche Schwerpunkt der französischen Arbeiterklasse, Paris hatte sich in Waffen erhoben gegen den Versuch des Thiers und seiner Krautjunker, diese ihnen vom Kaisertum überkommne alte Regierungsmacht wiederherzustellen und zu verewigen. Paris konnte nur Widerstand leisten, weil es infolge der Belagerung die Armee losgeworden war, an deren Stelle es eine hauptsächlich aus Arbeitern bestehende Nationalgarde gesetzt hatte. Diese Tatsache galt es jetzt in eine bleibende Einrichtung zu verwandeln. Das erste Dekret der Kommune war daher die Unterdrückung des stehenden Heeres und seine Ersetzung durch das bewaffnete Volk …

Wenn sonach die Kommune die wahre Vertreterin aller gesunden Elemente der französischen Gesellschaft war, und daher die wahrhaft nationale Regierung, so war sie gleichzeitig, als eine Arbeiterregierung, als der kühne Vorkämpfer der Befreiung der Arbeit, im vollen Sinn des Wortes international. Unter den Augen der preußischen Armee, die zwei französische Provinzen an Deutschland annexiert hatte, annexierte die Kommune die Arbeiter der ganzen Welt an Frankreich.” (Adresse des Generalrats der Internationale.)[2] [Hervorhebungen – R. L.]

Und wie dachten unsere Altmeister über die Rolle der Sozialdemokratie in einem Kriege wie dem heutigen? Friedrich Engels schrieb im Jahre 1892 über die Grundlinien der Politik, die in einem großen Kriege der Partei des Proletariats zufällt, wie folgt:

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[1] „Wenn trotzdem die sozialdemokratische Reichstagsfraktion jetzt einstimmig die Kriegskredite bewilligt”, schrieb das Münchener Parteiorgan am 6. August, „wenn sie heiße Wünsche des Erfolges allen auf den Weg mitgab, die zur Verteidigung des Deutschen Reiches hinausziehen, so war das nicht etwa ein ,taktischer Zug’, es war die ganz natürliche Konsequenz der Haltung einer Partei, die stets bereit war, ein Volksheer zur Verteidigung des Landes an die Stelle eines Systems zu setzen, das ihr mehr der Ausdruck der Klassenherrschaft als des Verteidigungswillens der Nation gegen freche Überfälle schien.”

Schien!! – In der „Neuen Zeit“ ist der heutige Krieg gar direkt zum „Volkskrieg“, die stehende Armee zum „Volksheer” erhoben (siehe Nr. 20 und 23 von August/September 1914). – Der sozialdemokratische Militärschriftsteller Hugo Schulz rühmt im Kriegsbericht vom 24. August 1914 den „starken Milizengeist”, der in der Habsburgischen Armee „lebendig” sei! – [Fußnote im Original]

[2] Karl Marx: Der Bürgerkrieg in Frankreich. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Bd. 17, S. 338, 346.