Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 402

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Wer denkt da nicht an die köstliche Szene in der „Zauberflöte”, wo der kleine Strolch Monostatos, durch Papagenos Schatten erschreckt, vor Angst schlotternd, singt:

Ich glaub’, das ist der Teufel,
Ja, ja, das ist der Teufel,

Ach, wär’ ich eine Maus,

Wie wollt’ ich mich verstecken,
Ach, wär’ ich eine Schnecken,
Gleich kröch’ ich in mein Haus.

Hinter all diesen schwirrenden Gerüchten, lächerlichen Phantasien, wahnwitzigen Räubergeschichten und schamlosen Lügen steckt ein sehr ernster Vorgang: Es liegt System darin. Die Hetze wird planmäßig betrieben. Die Gerüchte werden zielbewußt fabriziert und ins Publikum lanciert: Es gilt, durch diese Schwindelmärchen die Philister in panikartige Stimmung zu versetzen, die öffentliche Meinung zu verwirren, die Arbeiter und Soldaten einzuschüchtern und irrezuleiten, um eine Pogromatmosphäre zu schaffen und die Spartakusrichtung politisch zu meucheln, ehe sie noch die Möglichkeit hatte, die breitesten Massen mit ihrer Politik und ihren Zielen bekannt zu machen.

Das Spiel ist alt. Erinnert man sich, wie vor vier Jahren, beim Ausbruch des Krieges, die einander jagenden tollen Märchen von Goldautomobilen, französischen Fliegern, vergifteten Brunnen, ausgestochenen Augen planmäßig und zielbewußt von Kriegshetzern durch ihre Agenten in Umlauf gesetzt wurden, um den blinden Kriegsfuror hervorzurufen und die Arbeiter als Kanonenfutter zu gebrauchen? Genauso wird jetzt gearbeitet, um die Volksmassen irrezumachen, unter ihnen blinden Haß zu säen, damit sie sich besinnungslos und kritiklos gegen die Spartakusrichtung mißbrauchen lassen.

Wir kennen die Weise, wir kennen den Text und auch die Verfasser. Es sind die Kreise der abhängigen Sozialdemokraten, der Scheidemann, Ebert, Otto Braun, der Bauer, Legien und Baumeister, die zielbewußt die öffentliche Meinung mit schamlosen Lügen vergiften und das Volk gegen uns aufhetzen, weil sie unsere Kritik fürchten und sie zu fürchten allen Grund haben.

Diese Leute, die noch eine Woche vor Ausbruch der Revolution jeden Gedanken an Revolution in Deutschland als Verbrechen, „Putschismus”, Abenteuer denunzierten, die erklärten; in Deutschland sei die Demokratie schon verwirklicht, weil Prinz Max Reichskanzler war und Scheidemann

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