Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 199

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Das ist nicht mehr der im Statut vorgesehene Parteivorstand, dem die Pflichtbeiträge zukommen. So war es nicht gemeint, daß der Beitragsanteil abzuführen ist, um die Regierungspolitik zu unterstützen. Nur so ist die Beitragssperre gemeint. Wir betrachten sie nicht als Wundermittel zur Heilung der Parteischäden. Ihr müßt Euch entschließen, mit allen Kreisen im Reiche, die ebenso niedergeknüppelt werden wie Ihr, gemeinsam eine durchgreifende Abwehraktion gegen die Zerrüttungspolitik des Parteivorstandes zu führen.

Die Rednerin empfahl eine von ihr, Dr. Meyer, Eberlein, Frassek und Peters unterzeichnete Resolution[1], die nach einem Hinweis auf das Vorgehen des Parteivorstandes in Duisburg[2], im Frankfurter Agitationsbezirk[3], in Bremen[4], Berlin[5] sowie auf seine Parteinahme für den abgesetzten Kreisvorstand von Teltow-Beeskow[6], auf den mit der preußischen Landeskommission geplanten Handstreich gegen die Berliner Genossen[7] empfiehlt, mit den von der Gewaltpolitik des Parteivorstandes betroffenen Kreisen in Verbindung zu treten, um über organisatorische Abwehrmaßnahmen zur Rettung der Partei zu beraten

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[1] Siehe dazu Rosa Luxemburg: Zur Richtigstellung. In: GW, Bd. 4, S. 201–203.

[2] Auf Anordnung des Parteivorstandes waren im April 1916 die Redakteure der „Niederrheinischen Arbeiterzeitung” (Duisburg) Karl Minster und Julius Schoch, die der Spartakusgruppe angehörten, unter Umgehung der örtlichen Parteileitung und der Preßkommission aus der Redaktion entfernt worden.

[3] In Frankfurt (Main) fanden Auseinandersetzungen zwischen der sozialdemokratischen Parteiorganisation der Stadt Frankfurt (Main) und dem auf seiten der Parteiopposition stehenden Bezirksvorstand Frankfurt (Main) um die „Volksstimme” statt. Nachdem die opportunistische Leitung der Frankfurter Parteiorganisation seit Januar 1916 an den Bezirksvorstand keine Beiträge mehr abgeliefert hatte, wobei sie vom Vorstand der Sozialdemokratie unterstützt wurde, der dem Bezirksvorstand die Zuschüsse entzog, gelang es ihr, die „Volksstimme“ der Kontrolle des Bezirksvorstandes zu entziehen.

[4] Nachdem der Vorstand der Sozialdemokratie das Eigentumsrecht an der „Bremer Bürger-Zeitung” an sich gerissen hatte, teilte er im Juni 1916 der Bremer Preßkommission mit, daß sie in Zukunft nicht mehr über die politische Orientierung der Zeitung und die Besetzung der Redaktion zu bestimmen habe.

[5] Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands hatte unter Mißachtung der Preßkommission und der Berliner Parteiorganisation mit Wirkung vom 1. April 1916 Hermann Müller in die Redaktion des „Vorwärts” entsandt und die Zeitung unter Vorzensur gestellt.

[6] Die Generalversammlung des Wahlkreises Teltow-Beeskow-Storkow-Charlottenburg am 18. Juni 1916 enthob den mehrheitlich sozialdemokratisch orientierten Kreisvorstand mit Franz Thurow und Max Groger an der Spitze seines Amtes und wählte einen neuen, provisorischen Kreisvorstand, in dem die Spartakusgruppe vertreten war. Obwohl der Kreisvorstand von der Berliner Verbands- Generalversammlung bestätigt wurde, erkannte ihn der Parteivorstand nicht an und bezeichnete den alten als allein zu Recht bestehend. Er ließ am 6. August 1916 eine „Ordentliche Generalversammlung” einberufen, in der eine Sonderorganisation unter Führung von Thurow und Groger gebildet wurde.

[7] Der sozialdemokratische Parteivorstand und die Mehrheit der preußischen Landeskommission hatten am 21. Mai 1916 unter Bruch des Organisationsstatuts der preußischen Sozialdemokratie beschlossen, die Funktionen im geschäftsführenden Ausschuß der preußischen Landeskommission nicht mehr dem Vorstand der Berliner Parteiorganisation zu übertragen, wenn die Verbands-Generalversammlung am 25. Juni 1916 einen oppositionellen Vorstand wählen sollte.